Tja, dieser Verkäufer fällt wahrscheinlich vor allem den Damen auf. 😉 Aber: Was stimmt hier nicht? Genau, der Bezug zwischen dem Adjektiv und dem zusammengesetzten Hauptwort (Kompositum). Welche Regel Sie hier unbedingt beachten sollten, damit Ihnen solche und andere subtilere Schnitzer locker erspart bleiben – das erfahren Sie nun.
1. Der heiße Würstchenverkäufer ...
Wenn Sie meinen, dass der Ihnen nicht in die Tasten rutscht und auch nicht der vierköpfige Familienvater – ok, das glaube ich Ihnen jetzt mal. Aber wie ist es hiermit?
Teamleiter Schmidt ist ein internationaler Verhandlungsexperte.
Der Satz sieht auf den ersten Schreiberblick normal und richtig aus. Doch hätte der Schreiber dem Leser zuliebe ein zweites Mal auf sein Textprodukt geschaut, dann wäre ihm sicherlich aufgefallen: Hä, ein internationaler Experte?! Was'n Quatsch! Genau. Nicht der Experte ist international, sondern die Verhandlungen sind es.
Wie können wir nun dem Leser den Stein aus dem Weg räumen? Mit einem eleganten Kniff: Indem wir das Kompositum auseinander nehmen. Zuerst kommt der Experte, dann kommen die Verhandlungen:
Teamleiter Schmidt ist ein Experte für internationale Verhandlungen.
Die Regel, die dahinter steckt:
Bei einem zusammengesetzten Hauptwort (Kompositum) bezieht sich
das davor stehende Adjektiv immer auf den LETZTEN Wortteil.
Sobald wir also ein zusammengesetztes Wort mit einem Adjektiv kombinieren – klingeling! –, sollte sich diese Regel in Sonntagsglockengeläut-Lautstärke melden. Und dann genau hinschauen: Ergibt es Sinn?
Diesen Satz fand ich neulich in einer Stellenanzeige:
Wir suchen einen Referenten für didaktische Konzeptentwicklung.
Die „didaktische Entwicklung“ muss mir mal einer erklären. 😉 Auch hier ist der Schreiber in die Bezugsfalle geraten. Gemeint ist natürlich, dass der Referent didaktische Konzepte entwickeln soll. Wir nehmen das Kompositum wieder auseinander und drücken es dann richtig aus:
Wir suchen einen Referenten für die Entwicklung didaktischer Konzepte.
2. Die nachhaltigen Dinge des Lebens ...
Da einem als Leser ständig und überall das Wörtchen nachhaltig entgegen blinkt und auch Sie es vielleicht schon in Ihren Marketingtexten benutzt haben – hier dazu noch ein paar spezielle Text-Beispiele.
Immer mehr Verbraucher treffen nachhaltige Konsumentscheidungen.
Wahrscheinlich gehe ich als Leser mit meiner Frage, was denn „nachhaltige Entscheidungen“ sind, wieder leer aus. 🙁 Na ja, zum Glück wissen wir ja jetzt, was gemeint ist und können es mithilfe unseres Kniffs wieder richtig formulieren:
Immer mehr Verbraucher treffen Entscheidungen für nachhaltigen Konsum.
Im folgenden Beispiel ist die auflösende, korrekte Erklärung am Satzende gleich mitgeliefert – nur hat der Texter dies gar nicht bemerkt. Schade.
Die nachhaltigen Entwicklungsziele sollen eine sozial, wirtschaftlich und ökologisch nachhaltige Entwicklung garantieren.
Abgesehen davon, dass man hier als Leser fast schon in die nachhaltig-Trance fällt – die „nachhaltige Entwicklung“ sollte schon am Anfang des Satzes stehen: „Ziele für eine nachhaltige Entwicklung“. Die zweite „nachhaltige Entwicklung“ sollten wir ersetzen. Dann sieht es so aus:
Die Ziele für eine nachhaltige Entwicklung sollen sozial, wirtschaftlich und ökologisch verträgliche Prozesse garantieren.
Na ja, der Satz kriegt dennoch kaum die Kurve weg vom Geschwafel. Neben nachhaltig gibt es übrigens noch weitere nervende Mode-Adjektive, die Sie hier finden.
Tja, unser heißer Würstchenverkäufer wäre jetzt nur noch durch ein zweites Adjektiv zu retten: der heiße Verkäufer heißer Würstchen. Ach nee, so heiß ist er jetzt doch nicht mehr ...
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Wäre denn der „Heiße-Würstchen-Verkäufer“ nicht eine gültige Lösung des Problems?
Hallo Herr Giersch,
ja, Ihr Vorschlag ist tatsächlich eine Alternative, sie funktioniert allerdings nur bei diesem Beispiel.
Viele Grüße
Dr. Gabriele Frings
Das sind ausgesprochen gute Beispiele und alle verfügen, wenn man sie reflektiert, über einen gewissen Unterhaltungswert. Als passabler Texter weiß man eigentlich, wie man Adjektive und Komposita handhabt. Aber es ist gut, sich die Regeln immer wieder bewusst zu machen. Vielen Dank!
Hallo Gerd,
gern geschehen. Ja, da haben Sie recht, solch ein Bezugsfehler ist schwuppdiwupp in die Tasten gerutscht. Gegenmittel: Sich den fertigen Text selber noch einmal laut vorlesen.
Viel Erfolg weiterhin beim Texten!
Dr. Gabriele Frings
Wie cool! Darauf habe ich bislang kaum geachtet und wenn, dann intuitiv!
LG
Sabiene