Text und Ton – wie Sie beides top zusammenbringen

text und ton

Stopp – haben Sie gerade bei der Überschrift gestutzt? Wegen des Wörtchens „top”, nicht wahr? Ja, solch ein allzu salopper Ton aus der Umgangssprache passt nicht so recht in meine Texte, die sonst immer top gestylt sind. 😉

Das Zusammenpassen von Text und Ton ist so wichtig für den Leser wie das Zusammenpassen der Socken beim Bewerbungsgespräch.

Die Ton des Textes ist Ihre große Chance, Ihre Zielgruppe auf sicherem Wege sprachlich zu erreichen! Aber Achtung, die falsche Tonlage und Misstöne in Ihrem Text können Sie wertvolle Kunden kosten. Worauf Sie achten müssen? Das verrate ich Ihnen hier.

1. Text und Ton – mit den richtigen Wörtern den Leser ansprechen

Ein passender Ton wirkt verbindlich, denn er zeugt auf jeden Fall von Wertschätzung gegenüber dem Leser. Achten Sie nun beim folgenden Text einmal nicht so sehr auf den Inhalt, sondern mehr auf den Ton des Textes:

Ein wichtiger Aspekt Integraler Theorie besteht darin, die Ganzheit des Menschen zu sehen und Welt und Subjekt als Einheit zu betrachten. So geht man einerseits davon aus, dass das individuelle Ich nicht die höchste Qualität menschlicher Handlungsfähigkeit darstellt, sondern in einem komplexeren Ich aufgehen kann, das auch andere Menschen in ihrem Denken, Fühlen und Handeln berücksichtigt. Andererseits wird jedoch die Bedeutung des Ich als zentrale Instanz individueller Handlungsfähigkeit betont. Damit grenzt sich die integrale Theorie von spirituellen Ansätzen ab, welche das Ich in universeller Einheit auflösen möchten.

Schütteln Sie gerade sich oder den Kopf? Hm, der Fachkollege wird hier vielleicht noch nicken – aber eins ist klar: Der Durchschnittsleser, egal welcher Zielgruppe, wird hier keinen Pieps mehr von sich geben. Denn der allzu akademisch-gestelzte Ton hat ihn mit voller Wucht erschlagen. Dabei soll er mit dieser informierenden Werbung für eine Coaching-Leistung doch angesprochen werden! Aber leider hat der Schreiber vergessen, die Perspektive des Lesers einzunehmen. Das zeugt nicht gerade von Wertschätzung.

Damit aus dem wüstensandtrockenen Info-Text ein Werbetext wird, von dem der Leser sich angesprochen fühlt, müssen wir den Ton ändern. Das steuern Sie am besten über die Auswahl der Wörter. Wenn wir nur einige Wörter weglassen oder ersetzen und ein wenig umformulieren, dann ist die Tonlage gleich eine andere.

Dazu streichen wir die akademisch-steifen Wörter wie „Aspekt“, „Subjekt“ „besteht darin ...“, „einerseits … andererseits“, „Qualität“, „komplex“, „Bedeutung“, „Instanz“. Und wir tauschen: „Ganzheit” gegen „als Ganzes”, die zweite „Handlungsfähigkeit” gegen „handlungsfähig”,  „Ansätze" gegen „Lehren".

Sie sehen: Es sind vor allem Haupt- und Fremdwörter, die hier den gestelzt-distanzierten Ton ausmachen. Dazu kommt noch die Länge des zweiten Satzes: Mit einer 35-Wörter-Würgeschlange wird dem Leser hier mal eben die Luft abgeschnürt. Wir reanimieren ihn, indem wir aus diesem Satz flugs zwei einzelne Sätze bauen – nach unserer goldglitzernden Regel „Nur eine Info pro Satz”:

So geht man einerseits davon aus, dass das individuelle Ich nicht die höchste Qualität menschlicher Handlungsfähigkeit darstellt, sondern in einem komplexeren Ich aufgehen kann, das auch andere Menschen in ihrem Denken, Fühlen und Handeln berücksichtigt.

--> Das individuelle Ich stellt demnach nicht immer die höchste Stufe menschlicher Handlungsfähigkeit dar. Es kann ebenso in einem Ich aufgehen, das auch andere Menschen in ihrem Denken, Fühlen und Handeln berücksichtigt.

Am Schluss sieht der ganze Text so aus:

Die Integrale Theorie sieht den Menschen als Ganzes und betrachtet ihn und die Welt als Einheit. Das individuelle Ich stellt demnach nicht immer die höchste Stufe menschlicher Handlungsfähigkeit dar. Es kann ebenso in einem Ich aufgehen, das auch andere Menschen in ihrem Denken, Fühlen und Handeln berücksichtigt. Dennoch bleibt das Ich weiterhin individuell handlungsfähig. Damit grenzt sich die integrale Theorie von spirituellen Lehren ab, die das Ich in universeller Einheit auflösen möchten.

Der neue Ton bedeutet hier eine 99 %ige Wahrscheinlichkeit, den Leser trotz des anspruchsvollen Themas zu interessieren. Zum Vergleich noch einmal der ursprüngliche Text:

Ein wichtiger Aspekt Integraler Theorie besteht darin, die Ganzheit des Menschen zu sehen und Welt und Subjekt als Einheit zu betrachten. So geht man einerseits davon aus, dass das individuelle Ich nicht die höchste Qualität menschlicher Handlungsfähigkeit darstellt, sondern in einem komplexeren Ich aufgehen kann, das auch andere Menschen in ihrem Denken, Fühlen und Handeln berücksichtigt. Andererseits wird jedoch die Bedeutung des Ich als zentrale Instanz individueller Handlungsfähigkeit betont. Damit grenzt sich die integrale Theorie von spirituellen Ansätzen ab, welche das Ich in universeller Einheit auflösen möchten.

2. Text und Ton – ein Wechsel des Tons im Text kann Sie Kunden kosten

Wechsel in der Tonlage Ihres Textes können fatal sein. Wenn Sie zwischen verschiedenen Tonalitäten hin und her springen, verwirren Sie Ihre Leser und verlieren ziemlich sicher potenzielle Käufer. Und das Fiese: Der Bruch im Ton passiert oft unbemerkt und damit schneller, als Sie denken. Es reicht schon, wenn Sie eine E-Mail in freundlichem, persönlichem Ton starten und dann in Behördensprache abrutschen. Schauen Sie mal:

Lieber Kunde,
eine gute Nachricht für Sie: Unsere neuen Herbst- und Winter-Accessoires sind ab sofort bestellbar! Denken Sie auch schon jetzt an Weihnachten. Schauen Sie gleich in unseren neuen Online-Shop und erledigen Sie Ihre Weihnachtseinkäufe ganz bequem und entspannt von zu Hause aus. Ohne lästiges Warten oder Anstehen in überfüllten Geschäften, sondern einfach per Mausklick oder Telefon. Und das Beste: Wenn Sie bis zum … bestellen, erhalten Sie einen satten Rabatt von … Wir freuen uns auf Ihren Wunschzettel! 
Damit der Bestellvorgang reibungslos abgewickelt werden kann, geben Sie bitte Ihre Kundennummer an oder geben Sie alternativ Ihre Bestellung als Gast auf. Bei fristgerechter Bestellung wird der Rabatt direkt vom Kaufpreis abgezogen.

Der Text beginnt erst lebendig und ansprechend und endet dann fatalerweise im typischen Behördendeutsch, das aus steifem Nominalstil („Bestellvorgang“, „bei fristgerechter Bestellung“) und hölzernem Passiv („abgewickelt werden kann“, „wird ... abgezogen“) besteht. Dieser Tonlagenbruch im zweiten Teil lässt den Drang des Lesers, etwas zu bestellen, gegen frostige minus 10 sinken. Schade. 

Zu retten ist der Text, wenn der lebendige, verbale Ton bis zum Ende beibehalten wird, etwa so:

Wenn Sie bestellen, geben Sie bitte Ihre Kundennummer an. Selbstverständlich können Sie auch als Gast bestellen. Den Frühbesteller-Rabatt ziehen wir direkt vom Kaufpreis ab.

Fazit: 

Sicherlich, die richtige Tonlage und die passenden Wörter für das eigene Angebot zu finden, fällt oft nicht leicht. Auch ich brüte manchmal gefühlt acht Stunden. Doch es hilft nichts: Texte für den (potenziellen) Kunden sind eine besondere Kategorie, müssen sie doch die Brücke schlagen zwischen trockenem Informationstext und geschmeidiger Werbung. 

Wenn Sie wissen, für wen Sie schreiben wollen, dann haben Sie schon die wichtigste Basis für die richtige Tonlage. Natürlich sollte der Ton auch zu Ihrem Unternehmen und zu Ihnen als Persönlichkeit passen. Denn wenn wir uns beim Schreiben verbiegen, nur um den richtigen Ton für den Kunden zu treffen, fühlen wir uns schnell unwohl. Und das Brüten dauert nochmal so lang. Bleiben Sie also in lockerer Position – so treffen Sie den richtigen Ton am besten!

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Über die Autorin Dr. Gabriele Frings

Als Schreibcoachin, Trainerin, Textberaterin, Dozentin helfe ich Ihnen, einen 100%ig ansprechenden Schreibstil zu entwickeln und in Beruf und Business erfolgreich zu sein.

  • Walter Braun sagt:

    Ja, wie wahr: Akademisches Wortgeklimper, rhetorische Nebelkerzen und tröge Bandwurmsätze sagen mehr über den Autor als den Inhalt eines Textes aus. Vielleicht schwingt sich ein Textmonster aus unbefriedigter Anerkennungssucht zu einem Feuerwerk intellektueller Brillanz auf; vielleicht auch nur wegen der Gedanken Blässe.

    Die Selbstoffenbarung in der Kommunikation ist immer inclusive. Tonalität jedenfalls adressiert die Absicht und ist daher empfängergerichtet. Das haben sie mal wieder auf den Punkt gebracht. Danke!

    Spätsommerliche Grüße aus der Südpfalz
    Walter Braun

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Hallo Herr Braun,
      haben Sie vielen Dank für Ihre Meinung und Ihr Lob. Manchmal ist es vielleicht nicht nur „Gedanken-Blässe“. In meiner Textberatung erlebe ich immer wieder, dass gerade die Gedanken ein Feuerwerk sind, aber der Autor oder die Autorin dieses nicht adäquat in Worte fassen können. Hier setzt dann meine Unterstützung an. 🙂
      Ja, da haben Sie recht, in jeder Kommunikation offenbaren wir uns auch immer als Person.
      Viele Grüße
      Dr. Gabriele Frings

  • A.Günther sagt:

    Sie zeigen und besfestigen wie immer Ihren zuverlässigen Pfad durch den täglichen Sprachblubberwahnsinn. Vielen Dank …
    AG

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