Manche Autofahrende – oder Autofahrenden? Die RICHTIGE Endung beim Gender-Partizip

endung beim gender-partizip

Tja, mit den Studierenden hat es vor sieben Jahren begonnen. Und nun haben wir den Gender-Partizip-correctness-Salat! Denn die Endungen mischen sich munter durcheinander: Hat das Partizip nun ein „-e“ oder ein „-en“ am Ende? Herrje …!

Und – was meinen Sie, wie ist die richtige Endung beim Gender-Partizip im Überschrift-Beispiel? Sie müssen eher raten? Hm, das kann ins Auge gehen. Ich verspreche Ihnen: Nach der Lektüre dieses Artikels haben Sie DAS professionelle Hintergrundwissen, mit dem Sie die Endung beim Gender-Partizip und anderen gängigen Partizipien IMMER souverän meistern. Ohne jedes Mal wieder beim Duden-Regime um Audienz zu bitten. 

1. Endung beim Gender-Partizip: Autofahrende und Angestellte sind identisch – grammatisch 🙂

Für manche Autofahrende scheinen diese Regeln nicht zu gelten. 

... las ich neulich erst wieder in der Tageszeitung.

Ob das korrekt ist? Und wie ist es hier:

Verehrte Angestellte? Oder: Verehrte Angestellten?

Vielleicht ist es Ihnen ja schon aufgefallen: Beide Begriffe stehen im Plural (Mehrzahl) und sind substantivierte Partizipien, also Partizipien, die hier als Hauptwort gebraucht werden: autofahrend -> Autofahrende; angestellt -> Angestellte. Diese Partizipien werden natürlich ebenso als Adjektive in beifügender Funktion benutzt: die autofahrenden Personen = die Autofahrenden; die angestellten MitarbeiterInnen = die Angestellten.

Man kann diese Partizipien folglich auch als Adjektive bezeichnen. Immer, wenn wir ein solches substantiviertes Adjektiv vor uns haben, wird es auch wie ein Adjektiv gebeugt: die bekannte Frau – die Bekannte; der bekannten Frau – der Bekannten.

Wie Sie sehen, haben wir im Singular (Einzahl) mit der Endung keine Schwierigkeiten. Wir würden nicht schreiben: Der Bekannte habe ich ein Buch geschenkt. Sondern: Der Bekannten habe ich ein Buch geschenkt. Unsicher werden wir erst beim Plural, wie wir an den Beispielen oben sehen. Hier kommt nun die verblüffend einfache Regel für die Pluralform ins Gendersprachen-Spiel (für alle, die es mitspielen wollen).

2. Endung beim Gender-Partizip: die Adjektiv-Deklination

Wie wir sahen, ist das Partizip auch ein Adjektiv. Und deshalb gelten hier für den Plural die zwei einfachen Regeln der Adjektiv-Deklination:

Fall 1: die guten Menschen – die Guten
Haben wir einen Artikel, dann folgt die Endung -en.
Fall 2: gute Menschen – Gute
Haben wir keinen Artikel, dann folgt die Endung -e.

Das ist alles! Jetzt holen wir zuerst die Angestellten ab. Ich bin mir sicher, Sie kennen nun die richtige Lösung für die Anrede. Genau, es heißt:

Verehrte Angestellte ...

Denn hier haben wir Fall 2, es gibt es keinen Artikel. Mit Artikel hieße es: die verehrten Angestellten. Sie sehen, hier haben jeweils Adjektiv und substantiviertes Adjektiv die gleiche Endung, beide werden gleich gebeugt: verehrten und Angestellten.

Noch ein Beispiel:

Kritisch denkende Konsumierende sind im Vorteil.

Hier haben wir ebenfalls keinen Artikel, also ist die  Endung beim Gender-Partizip -e. Auch hier werden beide gleich gebeugt: das wie ein Adjektiv benutzte Partizip und das substantivierte Partizip.

Für unsere Autofahrer, pardon: Autofahrend... müssen wir nun noch wissen: Wird manche wie ein Artikel benutzt oder nicht? Die Antwort folgt sofort.

3. Endung beim Gender-Partizip: Was ist ein Artikel, was nicht?

Nun verrate ich Ihnen endlich die Lösung für das Überschrift-Beispiel – es muss heißen:

Manche Autofahrenden

Denn: Manche wird wie ein Artikel benutzt, genauso wie alle, solche. Deshalb bekommt das substantivierte Adjektiv hier ein -en, genauso, als würde der Artikel „die“ stehen: die Autofahrenden. Dazu ein weiteres Beispiel:

Manche Mitarbeitenden kümmern sich intensiv um alle Auszubildenden.

(analog zu: Die Mitarbeitenden kümmern sich intensiv um die Auszubildenden.)

Mein goldener Tipp: Um sich neben dem Artikel die die vier weiteren Artikel zu merken, hilft als trittsichere Eselsbrücke „die-a-ma-so“, a-ma-so vielleicht gut merkbar als Pendant zu Amazon. 🙂 

Noch ein Beispiel:

Für solche Radfahrenden sind die bestehenden Radwege einfach zu schmal.

(analog zu: Für die Radfahrenden ...)

Übrigens: Nach sämtliche sind beide Fälle möglich. Beispiel: Sämtliche Antragstellende/Sämtliche Antragstellenden

Und was ist nun KEIN Artikel, sodass unser Gender-Partizip im Plural die Endung -e bekommt (Fall 2)? Zu dieser Gruppe gehören einige, mehrere, viele, wenige. Bitte keine Puh-das-kann-ich-mir-nicht-merken-Panik, denn: Hier ist unser Sprachgefühl meistens sicher genug, um die richtige Endung -e beim substantivierten Partizip/Adjektiv zu benutzen. Sie würden sicherlich nicht schreiben: Der Hinweis ging an mehrere Mitarbeitenden. Sondern: 

Der Hinweis ging an mehrere Mitarbeitende.

So, am Schluss noch ein kleines Training für Sie. Wie heißt nun die richtige Endung bei folgenden (Gender-)Partizipien?

Einige Vorstandsvorsitzend... verließen den Raum.
Manche Lehrend... bieten eine zusätzliche Sprechstunde an.

Solche Teilnehmend... wünscht sich der Dozent. 

Yeah!  Und das alles ohne Duden, Dudinnen, Dudelnde ...

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Über die Autorin Dr. Gabriele Frings

Als Schreibcoachin, Trainerin, Textberaterin, Dozentin helfe ich Ihnen, einen 100%ig ansprechenden Schreibstil zu entwickeln und in Beruf und Business erfolgreich zu sein.

  • Karl Ranseier sagt:

    Gendern jeglicher Art lehne ich grundsätzlich ab, da es z. B. für Menschen mit sprachlichen Einschränkungen (Legastheniker), Sehbehinderten oder auch Personen mit Migrationshintergrund, die gerade Deutsch lernen, die sprachliche Eingliederung erschwert, also diskriminiert, statt erleichtert.

  • Alexandra Garr sagt:

    Hallo liebe Frau Dr. Frings,
    gerne schließe ich mich den Kommentaren an. Jedoch hätte ich noch ein Beispiel, bei dem ich mir unsicher bin:
    Die Bezeichnung Kandidaten (anstelle von „Bewerbenden“) Wie verhält es sich hier?
    Vorab herzlichen Dank – ich bin gespannt!

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Hallo Frau Garr,
      ein interessantes Beispiel, das Sie da haben. Kandidat ist ein Fremdwort aus dem Lateinischen (erkennbar an der Endung -at wie Automat, Diplomat, Substrat etc.) und hat als Hauptwort nichts mit den substantivierten Partizipien zu tun. Deshalb bleibt es im Plural immer bei der Endung -en, egal ob mit oder ohne Artikel: die geeigneten Kandidaten, geeignete Kandidaten. Übrigens: Kandidat gehört zusätzlich zur kleinen Gruppe der männlichen Substantive, die in allen anderen Fällen ein -n/-en bekommen: Ich begrüße den Kandidaten/überreiche dem Kandidaten/die Mappe des Kandidaten. Dazu gibt’s auch einen speziellen Blogbeitrag von mir: https://schreibenundleben.com/das-geheimnis-der-rechtschreibung-substantive-mit-n/
      Viele Grüße
      Dr. Gabriele Frings

      • Alexandra Garr sagt:

        Hallo Frau Dr. Frings,
        vielen Dank für Ihre prompte Antwort.
        Verstehe ich es richtig, Kandidaten bleibt und wird nicht zu Kandidat*innen?
        Gerne würde ich noch das Wort „Kunden, Ihre Kunden“ ins Spiel bringen. Denn „Ihre Kundinnen und Kunden“ sprengt oftmals den Text. Bis dato behalf ich mir mit „Auftraggebenden“. Was wäre Ihr Vorschlag?

        Besten Dank! Alexandra Garr

        • Dr. Gabriele Frings sagt:

          Hallo Frau Garr,
          hm, die Frage geht jetzt in eine ganz andere Richtung, nämlich dahin, ob Sie gendern wollen/müssen. Ich selbst halte es mit Kandidaten und Kunden. Das Gendersternchen ist immer schwer lesbar und unterbricht somit den Lesefluss. Eine Alternative wäre das große Binnen-I: KandidatInnen. Bei den Kunden kann man nicht einfach das Binnen-I einsetzen, weil die Kunden dann nicht mehr enthalten sind. Sie sehen, nicht zu gendern, lässt viele zeit- und gedankenraubende Probleme gar nicht erst entstehen. Sollten Sie gendern müssen, sehe ich keine vernünftige Alternative zu „Kundinnen und Kunden“.
          Viele Grüße
          Dr. Gabriele Frings

  • vielen Dank für die lehrreiche Information. Darüber habe ich mir ehrlich gesagt noch nie Gedanken gemacht. In Zukunft werde ich positiver über den Grossen a-ma-so denken. Alles Gute für den ArbeitsTag.

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Hallo Frau Plaz,
      gern geschehen. Ach, Werbung wollte ich für diesen Großen mit der Eselsbrücke jetzt nicht gerade machen. 😉 Dafür aber für die korrekte deutsche Sprache.
      Herzliche Grüße
      Dr. Gabriele Frings

  • Ulrike sagt:

    Bin ein großer Fan Ihrer Artikel. Heute muss ich ausnahmsweise mal Veto einlegen. Sorry. Mein Sprachgefühl hat sich geweigert, das anzunehmen (das Gendern ohnehin, aber auch die hübsche Eselsbrücke). Und der Blick in den Duden hat mich bestätigt. Vielleicht habe ich ja da auch einen Hänger. Aber „manche, alle, solche“ sind keine Artikel (können jedoch so gebraucht werden). Sie sind genau wie „einige“ etc. Pronomen und unbestimmte Mengenangaben. Also würde doch die 2. Regel greifen, was sich für mich persönlich auch sprachlich geschmeidiger anfühlt. Im Text hat der Duden weder bei der einen noch der anderen Variante bei der Aufgabe gemeckert. Das wiederum verunsichert ;-).

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Hallo Ulrike,
      wie schön. 🙂 Hm, im Zusammenhang mit der Adjektiv-Deklination, auf die es hier ganz speziell ankommt, werden „manche, alle, solche“ exakt wie ein Definit-Artikel behandelt. Der Einfachheit halber habe ich sie in diesem Kontext als Artikel bezeichnet. Auch sorry, aber: Bei diesen drei Pronomen greift in jedem Fall die erste Regel. Noch ein Beispiel im Singular: Mancher tolle Text – und nicht: Mancher toller Text. Die Kasus-Endung für den Nominativ Sg. („-r“) steht bei „mancher“ (identisch beim Definit-Artikel „der“), deshalb bekommt das folgende Adjektiv nur ein „-e“. Genauso verhält es sich im Plural, Beispiel: Manche unaufmerksamen Teilnehmenden. Die Kasus-Endung für Nominativ Pl.(„-e“) steht bei „manche“ (identisch beim Definit-Artikel „die“), folglich bekommen beide Adjektive, also auch das substantivierte, „-en“. Ja, manches (!) Ungewohnte (und nicht „Ungewohntes“) hört sich zunächst merkwürdig an, ist aber korrekt. Wie gesagt, kann das Raten oder Vorgehen nach Gefühl hier ins Auge gehen.
      Viele Grüße
      Dr. Gabriele Frings

  • Nikolas sagt:

    Ein sehr nützlicher Artikel. „Die-a-ma-so“ – tolle Eselsbrücke! Vielen Dank!

  • 1. Endung beim Gender-Partizip: Autofahrende und Angestellte sind identisch – grammatisch

    Sollte das nicht ‚grammatikalisch‘ heißen, da es hier um die grammatikalisch richtige Form des Partizips geht und nicht um die Grammatik an sich?

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Hallo Herr Nieberlein,
      sehr aufmerksam. Und eine häufig gestellte Frage. Mittlerweile haben das sehr alte grammatisch und das jüngere grammatikalisch die gleiche Bedeutung. Grammatisch mit der Bedeutung „der Grammatik gemäß, die Grammatik betreffend“ passt hier ebenso wie grammatikalisch. Anderes Beispiel: grammatisch (oder: grammatikalisch) korrekt schreiben. Ich persönlich finde „grammatikalisch“ recht umständlich, wir benutzen ja auch nicht „mathematikalisch“ oder „politikalisch“, sondern leiten von Mathematik und Politik richtigerweise „mathematisc“ und „politisch“ ab.
      Viele Grüße
      Dr. Gabriele Frings

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