Ein weiteres Geheimnis der Rechtschreibung – Substantive mit -n

nomen

Weiß auf Schwarz leuchtet mir der Spruch auf dem T-Shirt entgegen: „Leg dich niemals mit einem Fotograf an, denn er ist Herr über Licht und Dunkel". Gut, kann man jetzt gelungen finden, muss man aber nicht. Was man aber muss, ist, Mitleid mit der armen Rechtschreibung zu haben. Ihr Recht wird hier durch die falsche Beugung auf jeden Fall gebeugt. Bekäme sie die Chance dazu, würde sie sicherlich empört ausrufen: Ich habe ein Recht auf den „Fotografen"!!!

Jetzt aber mal im Flüsterton: Sind Sie immer ganz sicher, ob es dem Architekten oder dem Architekt, dem Präsident oder dem Präsidenten, dem Autor oder dem Autoren heißt? Nicht so hundertprozentig? Und Sie wollen sich solch eine Peinlichkeit wie die obige in Ihren Texten ersparen? Dann schauen wir mal, wie wir auf eine Sicherheit von 101 Prozent kommen.

1. Rechtschreibung: „Der Mensch ist dem Mensch ein Wolf.“

Und genau deshalb braucht das menschliche Wesen Unterstützung durch andere aufmerksame menschliche Wesen. Genauso wie das Deutsche im obigen Satz. Für eine bestimmte Gruppe von Substantiven gilt nämlich die schwache Beugung (auch n-Beugung genannt): in jedem der drei Beugungsfälle (Akkusativ, Dativ, Genitiv) wird dem Substantiv ein -n/-en angehängt.
Zu dieser Substantiv-Gruppe gehört auch der Mensch. Der berühmte Lateiner-Satz muss also heißen:
        Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf.

Woran Sie die Substantive, die ein -n/-en bekommen, erkennen? Daran:

1. sie bezeichnen eine Person oder ein Tier (der Mensch)
2. sie sind ausschließlich männlichen Geschlechts (der Mensch)
3. sie haben im Plural die Endung -n/-en (die Menschen)

Deshalb: der Mensch --> den Menschen, dem Menschen, des Menschen
                der Fürst -->  den Fürsten, dem Fürsten, des Fürsten
                der Bauer -->  den Bauern, dem Bauern, des Bauern
                der Herr -->  den Herrn, dem Herrn, des Herrn      

        Der Tierpfleger fütterte den Bär aus der Hand.
Der Vorgang ist sicherlich bewundernswert, nicht aber die Schreibweise des armen Tiers, die heißen muss:
        Der Tierpfleger fütterte den Bären aus der Hand.

Und was meinen Sie hierzu?
        Dem Grippepatient geht es besser.

Genau, hier müssen wir dem Kranken heilende Beugegymnastik verpassen:
        Dem Grippepatienten geht es besser.
Dieses Wort ist ein Fremdwort und um Fremdwörter, die uns immer mal wieder in Unsicherheit stürzen, geht es in der folgenden Gruppe.

2. Rechtschreibung: „Heute am Automat kein Bargeld.“

Auch bei den meisten maskulinen Fremdwörtern aus dem Lateinischen und Griechischen wie dem Patienten sollten Sie an die n-Endung denken. Diese Fremdwörter erfüllen fast ausnahmslos die genannten drei Merkmale: männlich, Plural mit -n/-en, Person/Tier. Ausnahme ist der Automat, der eine Sache bezeichnet, aber dennoch schwach gebeugt wird:
        Heute am Automaten kein Bargeld.

        Gestern hat er den US-Präsident in Washington getroffen.
Im Akkusativ aber kann er ihn aber nur als US-Präsidenten getroffen haben.

Die lateinischen/griechischen Fremdwörter, die schwach gebeugt werden, erkennen Sie an folgenden Nachsilben:

and/-ant

Demonstrant, Dokorand, Elefant ...

-ent

Patient, Präsident, Student ...

-et

Planet, Komet, Magnet (schwankend, also auch den/dem Magnet) ...

-at

Automat, Diplomat, Kandidat ...

-ist

Journalist, Polizist, Dentist ...

-ot

Idiot, Patriot ...

-graf

Fotograf, Paragraf ...

-oge

Biologe, Pädagoge ...

Die Werbung einer Privatuniversität lautet deshalb richtig:

        Nach acht Semestern vom Studenten zum Doktoranden!

Andere gängige Substantive sind :
der Architekt, der Philosoph, der Ökonom
Der Bauherr vertraut also dem Architekten, der Esoteriker dem Philosophen und der Aktionär dem Ökonomen.


3. Rechtschreibung: Der Lektor bleibt der Lektor des Autors.

Vorsicht, verfallen Sie nicht in den -n/-en-Anhängungsrausch! Nicht alle Substantive lateinischen Ursprungs werden auf diese Weise gebeugt. Die meisten männlichen Substantive, die auf -or enden, werden stark gebeugt. Sie haben im Genitiv das bekannte -s.
Deshalb: der Lektor -->  den Lektor, dem Lektor, des Lektors
                der Doktor -->  den Doktor, dem Doktor, des Doktors
                der Faktor -->  den Faktor, dem Faktor, des Faktors

Es heißt also:
Sie kritisierte den Autor.
(nicht: den Autoren)
Die Handschrift des Professors ist unleserlich.
(nicht: des  Professoren)

Wahrscheinlich hätte Sie Ihr Sprachgefühl bei diesen Substantiven sowieso auf die richtige Spur gelenkt, oder? 🙂

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Über die Autorin Dr. Gabriele Frings

Als Schreibcoachin, Trainerin, Textberaterin, Dozentin helfe ich Ihnen, einen 100%ig ansprechenden Schreibstil zu entwickeln und in Beruf und Business erfolgreich zu sein.

  • Sabine sagt:

    Vielen Dank für diesen sehr nützlichen Artikel!! So habe ich das noch nie aufgeschlüsselt gefunden. Habe mir direkt Ihren Newsletter bestellt.

  • Paula Janker sagt:

    Haben Sie vielen Dank, Frau Dr. Frings!
    Endlich kommt Licht ins Dunkel dieser komischen Beugungssache. Nach Sprachgefühl wollte ich nämlich auch immer das -en dranhängen. Allerdings hatte ich gegen Zweifler und Leugner nie die richtigen Argumente. Nun kann ich das endlich begründen. Das war schon lange ein Thema, das mich beschäftigt hat.

    Ihr Newsletter und Ihr Blog sind so bereichernd und erfrischend – vielen Dank dafür!

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Hallo Frau Janker,
      da habe ich bei Ihnen ja ins Schwarze oder besser: ins Dunkle getroffen. 🙂 Vielleicht noch ein kleiner Hinweis für den Kampf gegen Ihre Zweifler und Leugner: Mittlerweile ist bei den Pronomen „jemand“ und „niemand“ die im Mündlichen verschluckte Endung -n vom Duden auch für die Schriftsprache akzeptiert, also: „ich sehe jemand/niemand“ und „ich schenke jemand/niemand“ stehen gleichberechtigt neben „ich sehe jemanden/niemanden“ und „ich schenke jemandem/niemandem“. Tja, man muss nicht in allem dem Duden folgen …
      Viele Grüße
      Dr. Gabriele Frings

  • Sehr geehrte Frau Dr. Frings,
    ich freue mich schon auf weitere E-Mails von Ihnen. Als Sachse habe ich nämlich mit dem sogenannten Sprachgefühl hin und wieder einige Probleme. Ich glaube mittlerweile, die feste Burg der deutschen Sprache, hält den Ansturm der Sprachfaulheit und gewollten Dummheit, auf Dauer nicht stand. Mittlerweile gibt es lecker Bier, lecker Bratkartoffeln und lecker Eis. Möglicherweise wird dieser globalkonkrete Oberbegriff demnächst in den Duden aufgenommen. Eine Studentin der deutschen Sprache hat mir einmal erklärt, dass sie fast zwei Stunden an einer Haltestelle „stehen getutet habe“
    Auf meine Frage wieso „getutet“ war die entwaffnende Antwort:“ tun-getan-getutet, ist doch logisch“?
    So leicht kann man eben die deutsche Sprache erlernen.
    Viele Grüße
    Ullrich Franz

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Hallo Herr Franz,
      das ist ja wirklich ein – Verzeihung, aber es passt hier so schön – krasses Beispiel. Ja, in der Umgangssprache geht der Trend dahin, die Beugungsendungen bei Adjektiven wegzulassen. In der Schriftsprache ist das natürlich schlicht falsch. Und für „lecker“ gibt es, je nach Bezugswort und Kontext, eine Vielzahl von konkreteren Adjektiven. Aber immerhin heißt es bei Ihren Beispielen noch „lecker“ und nicht „prima“. 😉
      Viele Grüße
      Dr. Gabriele Frings

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