Ach, das interessiert mich, hm, ja ... Hä? Verstehe ich jetzt nicht so ganz ... och nö, war doch nix. – Klick. Weg.
Ja, so könnte die Reaktion Ihres Lesers und Nutzers aussehen, wenn er auch nur einen Moment stutzt. Und das passiert leicht bei zwei bestimmten zweiteiligen Hauptsatz-Verbindungen.
In diesem Artikel verrate ich Ihnen, welche das sind, welche Fehler viele Schreiber begehen und wie Sie IHREN Leser und Kunden vor dieser Glatteisstelle bewahren.
1. „nicht nur ... sondern auch“
Diese zweiteilige Verbindung (Konjunktion) koppelt gleichrangige Glieder einer Aufzählung: Nicht nur der Chef, sondern auch der Kollege hat heute Geburtstag. Viele Schreiber benutzen diese Konjunktion wahrscheinlich so oft wie ihre Zahnbürste, ohne genauer hinzuschauen – verständlich, die Borsten der Zahnbürste zählt man ja auch nicht. Aber Achtung – ja, mit den Borsten kann man auch das Zahnfleisch verletzen, aber das ist ein anderes Thema –: Falsch benutzt kann diese Konjunktion zu Irritationen des Lesers führen. Schauen Sie einmal:
Wir haben hier nicht nur einen ausgearbeiteten Projektplan, mit dem wir die Jury überzeugen können. Die aufzuwendenden Kosten stellen wir in einer gesonderten Aufstellung dar.
Ha! Sie haben gerade gestutzt, stimmt's? Und recht haben Sie. Denn die zweite Hälfte der Konjunktion fehlt. Doch gerade den zweiten Teil, das „sondern auch“ erwartet der Leser! Und er wird genauso irritiert sein wie Sie eben. Es ist nun einmal so: Die beiden Teile gehören zusammen wie ... na klar, wie Zahnbürste und Zahnpasta. Deshalb sollten Sie so schreiben:
Wir haben hier nicht nur einen ausgearbeiteten Projektplan, mit dem wir die Jury überzeugen können, sondern auch eine gesonderte Aufstellung der aufzuwendenden Kosten.
Andere Version:
Wir haben hier nicht nur einen ausgearbeiteten Projektplan, sondern auch eine gesonderte Aufstellung der aufzuwendenden Kosten. Mit beiden zusammen können wir die Jury überzeugen.
Warum haben wir hier zwei Textversionen? Weil durch den Wegfall des zweiten Konjunktionsteils im Ursprungssatz oben sogar die Aussage des Satzes unklar bleibt. Äußerst fatal! Wir wollen den Leser doch genau informieren.
Darum schon mal mein heißer Tipp: Lesen Sie Ihren fertigen Text mindestens zweimal durch, am besten mit einer längeren Pause zwischen beiden Lesevorgängen. So fallen Ihnen solche Fehler am ehesten auf. Weitere Tipps zum Überprüfen Ihres Textes finden Sie übrigens in diesem Artikel.
Nehmen wir noch ein Beispiel aus einem Marketing-Text. Vergleichen Sie einfach einmal beide Versionen:
Eine Schiffsreise durch endlos wirkende Eisschollen hat nicht nur etwas Mystisches, hier werden zudem Wintermärchen wahr.
Eine Schiffsreise durch endlos wirkende Eisschollen hat nicht nur etwas Mystisches, sondern auch etwas von einem Wintermärchen.
Und? Welchen Text empfinden Sie als runder?
Achtung, auch die Bezüge müssen immer stimmen! Dazu noch ein weiteres Beispiel eines Marketing-Textes:
Das Unternehmen hat dazu Fahnen gestaltet, die nicht nur es selbst am 22. März hissen wird, sondern auch den Abnehmern in seinem Versorgungsgebiet kostenfrei zur Verfügung gestellt hat.
Wums! Da fällt ja der Fahnenmast direkt auf den Leser! Den können wir nur wiederbeleben, indem wir ihm einen schönen, lesbaren Satz unter die Nase halten. Sammeln wir erst einmal die Infos (wie wichtig das für einen verständlichen Satzbau ist, lesen Sie hier): 1. das Unternehmen hat Fahnen gestaltet; 2. es wird sie selbst am 22.März hissen; 3. es hat sie den Abnehmern kostenfrei zur Verfügung gestellt. Und was wird hier aufgezählt? Aha, das, was mit den Fahnen passiert, denn da gibt's zwei Aktionen: Sie werden vom Unternehmen gehisst und sie wurden den Abnehmern kostenfrei zur Verfügung gestellt. Dann fächeln wir dem Leser mit einem neuen Satz mal Luft zu:
Das Unternehmen hat dazu Fahnen gestaltet. Diese wird es nicht nur selbst am 22. März hissen, sondern es hat sie auch den Abnehmern in seinem Versorgungsgebiet kostenfrei zur Verfügung gestellt.
Ein wenig schief klingt der Satz immer noch, da die zeitliche Abfolge nicht stimmig ist. Ich würde deshalb hier auf die Konjunktion „nicht nur ... sondern auch“ verzichten und schreiben: Das Unternehmen hat Fahnen gestaltet, die es den Abnehmern in seinem Versorgungsgebiet kostenfrei zur Verfügung gestellt hat. Die Firma selbst wird ihre Fahnen am 22. März hissen.
2. „sowohl ... als/wie auch“
Eine enge Freundin der Konjunktion oben ist „sowohl ... als/wie auch“. Sie ist ebenfalls eine nebenordnende Verbindung für zwei Hauptsätze, zwei Wörter oder Wortgruppen. Beispiel: Er kennt sowohl Berlin als/wie auch München sehr gut.
Diese Konjunktion ist in Ihrer Anwendung nicht ganz so heikel wie Nr. 1, aber ... hm, schauen wir mal:
Sowohl die Abteilungsleiter und die Projektleiter nahmen teil.
Die Teilnehmer begeisterten sowohl durch profunde Kenntnisse, aber auch durch Kreativität.
Auch hier wird der Leser zumindest eine Augenbraue hochziehen, da er merkt: Das klingt komisch. Recht hat er. Denn: Der zweite Teil „als/wie auch“ darf NICHT durch „und“, „sowie“ und „aber auch“ ersetzt werden, das ist grammatisch auch schlichtweg falsch. Richtig muss es also heißen:
Sowohl die Abteilungsleiter als auch die Projektleiter nahmen teil.
Die Teilnehmer begeisterten sowohl durch profunde Kenntnisse wie auch durch Kreativität.
Und die meinen Blog lesenden SchreiberInnen? Ebenfalls. 🙂
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Danke für den Beitrag, Frau Kollega. Auch mir fällt immer wieder – mir scheint, immer öfter – auf, dass vielen Schreiberlinen diese stehenden Konstruktionen offenbar auseinandergefallen sind…
Auf die Formulierungn «nicht nur – sondern auch» verzichte ich wenn möglich ganz: wegen des negativen «nicht», das die anschliessend genannte Leistng unnötig kleinmacht. «Eine Schiffsreise durch endlos wirkende Eisschollen hat etwas Mystisches… und etwas von einem Wintermärchen.»
Eine Frage noch: «sowohl – wie auch» klingt in meinen Ohren nach schlechtem Deutsch, also eher nach Dialekt denn nach Standarddeutsch. Was sagen Sie als Deutsche dazu?
mit bestem Gruss aus der Schweiz – Myriam
Hallo Myriam,
vielen Dank für Ihren anregenden Kommentar. Ja, da stimme ich Ihnen zu, das „nicht“ bringt einen negativen Tenor in den Satz. Was Sie beschreiben, empfinde ich vor allem bei der Präposition „neben“: „Neben schnellem Service bieten wir auch persönliche Betreuung.“ Das Erstgenannte gerät deutlich in den Hintergrund.
Ob „sowohl … wie auch“ ursprünglich aus einem Dialekt kommt, vermag ich nicht zu sagen. Es gehört allerdings zur Standardsprache. Sowohl Wahrig wie auch Duden führen es auf. 🙂
Viele Grüße in die Schweiz
Dr. Gabriele Frings
Hallo Frau Dr. Frings,
zunächst einmal herzlichen Dank für den Beitrag. Auch wenn ich immer sage, dass mit ein bisschen Mitdenken die oberen Beispiele korrekt verstanden werden können, stimme ich Ihnen in Bezug auf die Lesbarkeit vollkommen zu.
Aber was ich persönlich zum ersten Mal lese ist „sowohl/wie“
Nach was richtet sich dieser Zusammenschluss? Im Alltag gebräuchlich ist wohl nur „sowohl, als auch“
Grüße
F. Engelke
Hallo Herr Engelke,
gern geschehen. Ja, Sie haben recht, „sowohl … als auch“ ist gebräuchlicher. Gleichwohl darf auch „wie auch“ benutzt werden. Mir leuchtet sogar „wie“ eher ein, da es ja um eine Gleichordnung mehrerer Glieder geht, denn bei einem Vergleich wird auch „wie“ benutzt (nur bei einer Steigerung steht „als“: „größer als“ – und nicht „größer wie“). Aber verbreiteter ist „sowohl … als auch“. Übrigens darf sogar das „auch“ wegfallen: „Ich esse sowohl Obst wie Gemüse.“ Vielleicht klingt Ihnen das ein wenig vertrauter?
Herzliche Grüße
Dr. Gabriele Frings