Eins ist klar: Das Bewerbungsschreiben muss sitzen. Es ist auch heute noch häufig das erste, was der Personaler von Ihrer Bewerbung liest. Und so kann es ein Türöffner sein – oder ein Rauswerfer.
Trotz ChatGPT und Co. erreichen mich immer mal wieder Mails und Blogkommentare von Lesern und Abonnenten, die sich mit einem Bewerbungsschreiben quälen. „Der Text war einfach nicht rund zu kriegen“, so beschrieb es neulich wieder ein Leser im Kommentar. Dabei sind nur einige grundlegende Schreibstilregeln zu beachten – und das Bewerbungsschreiben flutscht.
Wenn Sie fünf einfache Grundregeln für guten Schreibstil beherzigen, liest sich Ihr Anschreiben nicht nur locker und flüssig, sondern es stellen sich auch leichter individuelle Formulierungen ein. Und auf die kommt es an – damit Sie sich aus der Ich-kopiere-mir-schnell-eine-Vorlage-Massenware abheben.
Welche Grundregeln das sind? Das zeige ich Ihnen hier.
1. Ihr Bewerbungsschreiben: der Betreff
Ja, hier versteckt sich die erste Formulierungsfalle. Eine häufige Frage ist: Heißt es Bewerbung um oder für? Korrekt ist: Bewerbung um, abgeleitet vom Verb sich bewerben um. Eine Alternative ist: Bewerbung als plus Berufsbezeichnung. Bei einer Bewerbung um eine Ausbildungsstelle heißt es richtig: Bewerbung um eine Ausbildung als.
2. Ihr Bewerbungsschreiben: individuell, lebendig und präzise formuliert
1. Bauen Sie gehirnfreundliche Sätze
Wenn der Personaler einen Satz zweimal lesen muss, ist der Bewerber schon mit eineinhalb Beinen draußen. Formulieren Sie also Sätze, die nicht mehr als 20 bis 25 Wörter enthalten. Dann erliegen Sie auch nicht der Versuchung, einen Bandwurmsatz oder Schachtelsatz zu bauen. Apropos: Hängen Sie Nebensätze möglichst an den Hauptsatz an, schieben Sie keinen Nebensatz in den Satz hinein. Denn das unterbricht immer den Lesefluss, so wie hier:
Als Student habe ich bei der Werbeagentur XY, bei der ich im Oktober 2011 mein erstes Praktikum absolvierte, meine Leidenschaft für das Schreiben von Werbetexten, wie z. B. von Produktbeschreibungen, Webseitentexten, Blogartikeln, entdeckt.
Wenn Sie aus dem einen Satz zwei Sätze bauen, springt der Text viel schneller ins Gehirn des Empfängers:
Als Student habe ich bei der Werbeagentur XY im Oktober 2011 mein erstes Praktikum absolviert. Dabei entdeckte ich meine Leidenschaft für das Schreiben von Werbetexten, wie z. B. von Produktbeschreibungen, Webseitentexten, Blogartikeln.
Machen Sie also lieber aus einem langen Satz zwei Sätze – und ihr Bewerbungsschreiben wird in jedem Fall leserfreundlich.
2. Vorsicht vor der Adjektivitis!
Ich passe sehr gut zu der Stelle, denn ich bin teamfähig, belastbar und flexibel und ich arbeite eigenständig sowie organisiert.
Solch eine Aneinanderreihung von Adjektiven ist erstmal nur eine Behauptung. Je mehr Sie von solchen Adjektiven im Text verwenden, desto unglaubwürdiger werden Sie. Auch wenn solche Eigenschaften als Adjektive oder Substantive in der Stellenanzeige genannt werden – erliegen Sie nicht der Versuchung, diese eins zu eins zu wiederholen.
Achten Sie auch darauf, keine abgedroschenen Adjektive nachzubeten, als da sind kreativ, innovativ, effektiv, effizient, zielorientiert. Sie sind zu reinen Phrasen verkommen.
Und noch etwas: Je selbstverständlicher die Eigenschaften sind, die Sie nennen, desto eher denkt sich der Personaler: Hm, wenn er/sie schon betonen muss, dass er/sie teamfähig ist ... Mein Tipp: Behaupten Sie nicht, zeigen und belegen Sie, am besten mit kleinen, kurz und knapp zusammengefassten Geschichten oder Fallbeschreibungen. So heben Sie sich positiv ab von der Bewerbungsmassenware.
3. Keine Wortblasen und Füllwörter verwenden
Füllwörter und Blähwörter nerven in jedem Text, erst recht in einem Bewerbungsschreiben. Schreiben Sie nicht:
Ich bringe Erfahrung im Bereich der Gesundheitsversorgung mit.
Bei dieser Tätigkeit habe ich vergleichsweise viele Konzepte erstellt.
Sondern:
Ich bringe Erfahrung in der Gesundheitsversorgung mit.
Bei dieser Tätigkeit habe ich viele Konzepte erstellt.
4. Lebendige Verben statt hölzerne Hauptwörterei
Lassen Sie sich nicht vom Schreibstil der Stellenanzeigen beeinflussen – denn sie sind eine Schule für schlechten Schreibstil par excellence. Sie strotzen nur so von holpriger Hauptwörterei, auch Nominalstil genannt, stecken voller "-ung"-, "-heit"-, "-keit"-Nomen: Erfahrung in, Befähigung für, Fähigkeit zu, Leitung, Führungsverantwortung, Weiterentwicklung ...
Während meiner ersten Tätigkeit bei XY ließen mich die Beratungserfolge und Kundenbewertungen frühzeitig Mitarbeiterverantwortung übernehmen.
Klingt hölzern und steif. Und ist außerdem ungenau. Verantwortung für wie viele Mitarbeiter? So wird es für den Personaler flüssiger und klarer:
Während meiner ersten Tätigkeit bei XY hatte ich bereits Beratungserfolge und sehr gute Kundenbewertungen, deshalb war ich schon früh für zwölf Mitarbeiter verantwortlich.
Weiteres Beispiel:
In meiner derzeitigen Position als Teamleiter im Change Management bei XY bin ich als Führungskraft für die Weiterentwicklung der Kundenbindung und die Koordination eines Teams aus acht Beratern tätig.
Ein langatmiger und schwer lesbarer Brocken. Und das liegt an den vielen Hauptwörtern. „Position“ und „Teamleiter“ können wir streichen und holen aus „Weiterentwicklung“ das dynamische Verb „weiterentwickeln“ heraus. Dann sieht es so aus:
Zur Zeit arbeite ich als Führungskraft im Change Management bei XY und entwickle mit einem Team aus acht Beratern die Kundenbindung weiter.
So klingt's lebendig und anschaulich. Den Personalentscheider freut's.
5. Kein Konjunktiv am Schluss
Ich würde gerne ... verdienen.
Über die Einladung zu einem persönlichen Gespräch würde ich mich freuen.
Ich wäre dankbar, wenn Sie mich zu einem Gespräch einladen.
Der Konjunktiv ist zwar höflich, macht aber aus dem bestimmten Wunsch nur eine vage Möglichkeit. So wirken Sie unsicher und machen sich klein. Dabei haben Sie vorher doch Ihre Stärken und Qualifikationen betont! Sie haben etwas zu bieten, deshalb schreiben Sie besser so:
Ich stelle mir ein Gehalt von ... vor.
Habe ich Ihr Interesse gefunden? Dann freue ich mich über die Einladung zu einem persönlichen Gespräch.
Fazit:
Mit einem klaren, kraftvollen Schreibstil zeigen Sie dem Personaler, dass es sich lohnt, weiterzulesen.
Übrigens: Diese 5 Schreibregeln machen auch aus all Ihren anderen Texten in Beruf und Business eine runde Sache. 🙂
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Schönen guten Tag, Frau Dr. Frings,
aus Recruiting-Sicht finden Ihre 5 Tipps meine absolute Zustimmung, vielen Dank dafür. Eine Selbstverständlichkeit darf ich noch ergänzen: Unbedingt den richtigen und korrekt geschriebenen Namen des Ansprechpartners nutzen. Und bei Briefform auch das richtige Unternehmen mit korrekter Adresse als Adressaten verwenden. In der Serienfertigung von Bewerbungen passieren da viele Fehler.
Und eine Korrektur hätte ich da doch noch. Auch wenn ich gerade keinen Prozentsatz parat habe. Sie können davon ausgehen, dass der Großteil von Recruitern und Personalverantwortlichen zuerst den Lebenslauf bearbeiten. Erst wenn es dann passt, wird auch das Anschreiben angesehen.
Freundliche Grüße
Karl-Heinrich Bruckschen
Hallo Herr Bruckschen,
da habe ich von Ihnen als Recruiting-Experte etwas Aktuelles gelernt. Vielen Dank auch für Ihre Ergänzung. Denn sicherlich, viele Bewerber nutzen Ihre eigenen Vorlagen, da passieren schnell solche Fehler, wie Sie sie beschreiben.
Viele Grüße
Dr. Gabriele Frings
Bei XING habe ich diesen guten Artikel ja bereits gelobt und festgestellt, dass wir vollkommen derselben Meinung sind, besonders bei den klassischen Adjektivreihen und den Konjunktiven.
Viele Grüße nach Bonn und ein schönes Wochenende! =)
Viele Grüße,
Lars Schilsong