Verbklammer? Lassen Sie Ihren Leser nicht zappeln!

Verbklammer

Eine hinterhältige Spezialität des Deutschen sind die zweiteiligen Verben, die im Satz eine Verbklammer (auch Satzklammer genannt) bilden: „Er fing, als er ... und ... (Romane später), an.“  Mark Twain, der einige humorvolle Vorschläge zur Vereinfachung der deutschen Sprache machte (The Awful German Language, 1880), nannte sie „diese Dinger“ und stellte fest, dass die deutsche Sprache „übersät“ davon ist „wie von Blasen eines Ausschlags“: „... und je weiter die zwei Teile auseinandergerissen sind, desto zufriedener ist der Urheber des Verbrechens mit seinem Werk." 

„Diese Dinger“ verleiten uns Schreiber auch heute noch dazu, zu viele Informationen in die Verbklammer zu stopfen und den Leser so lange zappeln zu lassen, bis ihm Schweißperlen auf der Stirn stehen – und ihm die Lust auf ein Weiterlesen vergeht.

Wie Sie das nun verhindern und es hinbekommen, dass Ihr Leser und Kunde gerne und mit Interesse weiter liest? Das zeige ich Ihnen hier.

1. Ihre Verbklammer: den zweiten Teil des Verbs vorziehen

Der einfachste Trick, das zweiteilige Verb zusammenzulassen, ist, den zweiten Verbteil nach vorne zu holen. Ein Beispiel:

Unsere Dozenten bieten regelmäßig Kurse zur Gestaltung von Webseiten, zum Schreiben von E-Books, zur Vermarktung und zu Verdienstmög­lichkeiten an.

Eine unangenehme Lektüre, denn der Leser merkt unweigerlich beim Lesen der langen Wörterkette: Hier fehlt noch etwas. Genau, nämlich der zweite Verbteil, die Vorsilbe „an“. Auf die muss der Leser bis zum Ende des Satzes warten! Und da Sie ihm in der Zwischenzeit keinen Cappuccino anbieten können, schreiben Sie besser so:

Unsere Dozenten bieten regelmäßig Kurse an   zur Gestaltung von Webseiten, zum Schreiben von E-Books, zur Vermarktung und zu Ver­dienstmöglichkeiten.

So haben beide Verbteile wunderbaren Sichtkontakt – und sind glücklich, so wie der Leser. 🙂

Hier umgehen wir zwar eine hundertprozentig richtige Grammatik, aber das Glück des Lesers und erst recht des Kunden sollte an erster Stelle stehen! Noch ein Beispiel aus einem Marketing-Text:

Unsere Einrichtungslösungen drücken sich in exklusivem Design, erstklassigen Materialien, handwerklicher Qualität, kurz: in Schönheit und passender Funktionalität aus

Wenn jetzt noch ein eleganter Schreibstil hinzukommt, wird der Kunde auch wirklich angesprochen:

Unsere Einrichtungslösungen drücken sich aus in exklusivem Design, erstklassigen Materialien, handwerklicher Qualität, kurz: in Schönheit und passender Funktionalität.

2. Ihre Verbklammer: den Zweiteiler durch einen Einteiler ersetzen

Ein weiterer Trick: Ersetzen Sie nach Möglichkeit das zweiteilige Verb durch ein sinnverwandtes einteiliges Verb. Dazu zwei Beispiele.

Das Forschungsschiff ging nach einer zunächst ruhigen Fahrt, die zu unbewohnten Inseln in der Karibik führte, unerwartet am 15. Tag der Expedition unter.

Ging ... ging ... vor Anker? Auf einen neuen Kurs? Aha, es ging „unter“. Das erfährt der Leser am Ende des Satzes! Zu spät, da war das Schiff schon gesunken. Apropos, da haben wir auch schon ein schönes einteiliges Ersatzverb: sinken

Nach einer zunächst ruhigen Fahrt zu verschiedenen Inseln in der Karibik sank das Forschungsschiff unerwartet am 15. Tag der Expedition. 

Noch ein Beispiel:

Deshalb stockt die Regierung die Förderung für Baumaßnahmen, mit denen Barrieren im Haus und in der Wohnung reduziert werden, deutlich auf.

Barrierefrei zu lesen und schneller erfassbar ist es so: 

Deshalb erhöht die Regierung deutlich die Förderung für Baumaßnahmen, mit denen Barrieren im Haus und in der Wohnung reduziert werden.

3. Ihre Verbklammer: Achtung auch bei Hilfsverben und Modalverben!

Auch wenn Sie einen Satz mit einem Hilfsverb (haben, sein, werden) oder einem Modalverb (müssen, können ...) haben, sollten Sie aufpassen, dass Sie nicht zu viele Wörter zwischen die beiden Verben stopfen. Gerade hier zappelt der Leser oft bis zur Erschöpfung, denn: Das erste Verb gibt keinerlei inhaltlichen Hinweis auf die eigentliche Information! Diese enthält nur das Hauptverb und das folgt meistens erst viele Wörter später.

Gestern hat sie sich wegen des sonnigen Wetters und ihrer vielen Überstun­den, die in den letzten Monaten zusammengekommen waren, einen ganzen Tag freigenommen.

Die unteren Räume muss der Hausmeister bei Beendigung der Veranstaltung, spätestens aber, wenn der Trainer das Gebäude verlassen hat, schließen.

„Gestern hat sie sich ... " – ein Eis gegönnt? Und: Muss der Hausmeister die Räume säubern? Aufräumen? Der Leser wartet und wartet auf die Hauptinformation. Wenn Sie dafür sorgen, dass die beiden Verben möglichst eng zusammenstehen, ist die Wartezeit auf ein Minimum verkürzt:

Gestern hat sie sich den ganzen Tag freigenommen, weil das Wetter sonnig war und in den letzten Monaten viele Überstunden zusammengekommen wa­ren.

Die unteren Räume muss der Hausmeister schließen, wenn die Veranstaltung beendet ist oder der Trainer das Gebäude verlassen hat.

Fazit:

Wenn Sie beim Schreiben darauf achten, dass Sie

  1. bei einer Verbklammer die zwei Verbteile möglichst nah beieinander stehen lassen und ggf. den zweiten Verbteil vorziehen oder das zweiteilige Verb durch ein sinnverwandtes einteiliges Verb ersetzen,
  2. zwischen Hilfsverb/Modalverb und Hauptverb keine Romane stopfen, 

dann ist Ihr Leser hochzufrieden und der Kunde liest interessiert weiter. 

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Über die Autorin Dr. Gabriele Frings

Als Schreibcoachin, Trainerin, Textberaterin, Dozentin helfe ich Ihnen, einen 100%ig ansprechenden Schreibstil zu entwickeln und in Beruf und Business erfolgreich zu sein.

  • Antje Weyhe sagt:

    Hallo Frau Frings,
    danke für den Schreibblog gegen die Unarten der Schreibgewohnheiten 😉 Es ist erfrischend gut auf den Punkt gebracht.

    Liebe Grüße aus Tübingen
    Antje Weyhe

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Hallo Frau Weyhe,
      das freut mich, danke für Ihr Lob. Ja, manchmal braucht’s nur eine kleine Umstrukturierung – und der Satz ist gleich viel leserfreundlicher.
      Weiterhin viel Spaß beim Texten und Ausprobieren!
      Viele Grüße
      Dr. Gabriele Frings

  • Michael Schulz sagt:

    Ihre Newsletter und Blogartikel lese ich immer wieder gerne. Sie haben mir schon viel bei meinem täglichen Schreiben geholfen. Auch der heutige Artikel macht einem wieder klar, wo bei den eigenen Formulierungen Verbesserungspotenzial ist. Wunderbar! vielen Dank dafür!

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Hallo Herr Schulz,
      vielen Dank für Ihr Lob. Und ich freue mich, wenn die Beiträge nützlich für Sie sind. Weiterhin viel Erfolg beim Umsetzen!
      Viele Grüße
      Dr. Gabriele Frings

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