Die Redewendung – Dosenfutter oder frisches Sprachgrün?

floskeln

Wenn Sie in diesem Beitrag über die Redewendung den roten Faden finden – Glückwunsch! Dann dürfen Sie ihn behalten. Zu gewinnen gibt es aber nichts, nicht mal einen Blumentopf.
Hm, sicherlich haben Sie die zwei Redewendungen erkannt. Ich habe sie abgewandelt. Warum? Ganz einfach – damit Sie mir Ihre Aufmerksamkeit schenken. Ich hoffe, es hat geklappt. 😉


Eine Redewendung im Text zu verwenden, hat Vorteile. Sie ist allgemein verständlich, hat Wiederkennungswert und gestaltet den Text bunter. Allerdings: Wenn Sie mit Ihrem Text die Aufmerksamkeit des Lesers gewinnen wollen, bringen Ihnen häufig benutzte Redewendungen gar nichts, darüber liest jeder hinweg. Abgenutzte Metaphern gibt es wie Sand am Meer, sie nerven den Leser nur noch statt ihn aufhorchen zu lassen. Besser ist es dann, den Satz ohne Redewendung zu formulieren. Dagegen lassen neue oder abgewandelte Sprachbilder einen Text pulsieren und sind echte Leser-Aufwecker!


Schauen wir uns mal einige Beispiele an.

Redewendung

1. Die stehende Redewendung

        Im Konferenzraum herrschte eine angespannte Atmo­sphäre.

Haben Sie hier ein konkretes Bild vor Augen? Wohl kaum, denn über die floskelartige Wendung „angespannte Atmosphäre“ liest man hinweg. Und hier?

        Im Konferenzraum herrschte eine schweißgetränkte Atmosphäre.

Aha, hier haben Sie gerade sicherlich aufgehorcht, denn es entsteht ein Bild mit sinnlichen Eindrücken. Das ist echtes Kopfkino! Sie sehen, welch eine Wirkung eine nur wenig abgewandelte Redewendung haben kann. 

Noch ein Beispiel dazu:

     Sämtliche Mitglieder zeigten helle Begeisterung.

Bei dieser angenutzten Wendung wird der Leser weiterschnarchen. Hier dagegen merkt er auf:

     Sämtliche Mitglieder zeigten funkensprühende Begeisterung.

Und hier noch das gelungene Beispiel einer abgewandelten Redewendung aus der Werbung von VW:

Mit Kind und Lichtkegel unterwegs.

2. Sprachbilder

Die völlig abgeleierte Redewendung von der Spitze des Eisbergs gehört zu den Sprachbildern, bei denen Ihre Lösch-Taste zum T-Rex mutieren sollte! 

      Diese Zahlen sind nur die Spitze des Eisbergs. 

Hier erreicht der Schreiber sogar eher Aufmerksamkeit, wenn er die abgedroschene Metapher weglässt und beispielsweise schreibt:

      Diese Zahlen zeigen nur das, was bislang statistisch erfasst wurde.

Gerade bei sehr populären Sprachbildern lässt allerdings schon eine kleine Abweichung den Leser aufhorchen, wie wir oben schon gesehen haben. Wenn Sie etwa von Verlusten schreiben, die nicht haushoch sind, sondern so hoch wie ein fünfstöcki­ges Haus, dann will der Leser weiterlesen. Und lassen Sie die Start-ups nicht wie Pilze aus dem Boden schießen, sondern wie Pfifferlinge, dann merkt er auf – und Sie haben ihn schon auf Ihrer Seite.

3. Sprichwörter

Sprichwörter sind im Unterschied zur Redewendung meistens auf feststehende Satzfügungen angewiesen, sind also weniger flexibel. Aber auch hier können Sie durch eigene, zum Kontext passende Veränderungen Aufmerksamkeitswunder bewirken. Ein schönes Beispiel fand ich auf der Webseite einer Marketing-Agentur:

    Wir haben manchmal auch verrückte Ideen – aber stets alle Tassen im Schrank.

Ein anderes Beispiel:

  Er war nervös wie einer, dem die Felle davon davonschwimmen.

Jemandem schwimmen die Felle davon. Haben Sie hier ein dramatisches Bild vor Augen? Wohl kaum, zu konventionell ist die Wendung. Und hier?

Er war nervös wie einer, dem im gut besuchten Badesee die Badehose davonschwimmt.

Aaah, hier entsteht sofort eine Szene vor Ihren Augen, Spannung wird spürbar. So soll es sein!

Also, nur Mut, wandeln Sie ruhig einmal eine populäre Wendung ab. Das gibt dem Leser in jedem Fall einen kleinen Stromstoß – und Sie haben ihn gewonnen!

Fazit:

Abgedroschene Redewendungen und Sprichwörter sind das Dosenfutter der Schriftsprache. Versorgen Sie Ihren Leser stattdessen mit frischem Sprachgrün. Lassen Sie Floskel-Redensarten entweder weg oder wandeln Sie sie ab. So horcht Ihr Leser auf – und bekommt garantiert Appetit auf mehr!

Apropos: Hier konnte ich Ihnen nur einen Vorgeschmack zum Thema bildhaftes Schreiben geben. Wenn Sie mehr Tipps und Tricks für eine bildhafte Sprache kennenlernen möchten, dann empfehle ich Ihnen wärmstens meinen Themen-Schreibkurs „Bildhafte Sprache = überzeugen und verkaufen“, den ich mehrmals im Jahr anbiete.

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Die Spitze des Eisbergs gibt es wie Sand am Meer? Stimmt. Schreiben Sie deshalb Texte nicht mit "heller", sondern mit "funkensprühender Begeisterung"!

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Über die Autorin Dr. Gabriele Frings

Als Schreibcoachin, Trainerin, Textberaterin, Dozentin helfe ich Ihnen, einen 100%ig ansprechenden Schreibstil zu entwickeln und in Beruf und Business erfolgreich zu sein.

  • Monica Rein sagt:

    Oh ja, abgedroschene Redewendungen kommen einem zu den Ohren raus. Fällt auch den Journalisten nichts mehr ein? Wie schön, dass Sie einmal herrlich anregende Beispiele bringen und zeigen, wie es auch gehen kann. Danke!

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Hallo Frau Rein,
      vielen Dank für Ihr Lob. Und allerhand Freude beim schreibenden Ausprobieren.
      Viele Grüße
      Dr. Gabriele Frings

  • Sprachtrüffel sagt:

    Sehr geehrte Frau D. Frings,
    Ihre Blog-Artikel sind ein wahres Schatzkästlein – eeeendlich habe ich etwas gefunden, mit dem ich meinen DaF-Unterricht qualifiziert und anregend aufwerten kann. Ich möchte mich nämlich vor Scham manchmal verkriechen ob der Appetit vertreibenden Sprachlichkeit in den Lehrwerken, die der Nominalisierungs-Sucht in hölzernen und endlosen Schachtelsätzen verfallen zu sein scheinen. Sprache kann – und sollte auch schließlich – ein Genussmittel sein!!! Ich danke Ihnen herzlich!!

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Hallo Frau Bezold,
      das freut mich sehr. Ja, gerade die deutsche Sprache ist so wunderbar variantenreich und flexibel und manchmal ein wahrer Perlengrund, dass daraus Genuss pur entstehen kann. Die Mühe des Tauchens muss man sich allerdings schon machen, um daran zu kommen. Auch das ist schon Genuss. Sonst entsteht tatsächlich eine „Appetit vertreibende Sprachlichkeit“.
      Trotz der Lehrwerke – viel Freude bei Ihren DaF-Kursen!
      Herzliche Grüße
      Dr. Gabriele Frings

  • Das sind ja tolle Beispiele. Ich verwende gerne Redewendungen, doch auf die Idee diese so kreativ abzuwandeln bin ich noch nicht gekommen. Das werde ich bei nächster Gelegenheit mal ausprobieren.

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Hallo Herr Trocha,
      danke für Ihr Lob. Dann wünsche ich Ihnen viel Spaß dabei, sich kreativ sprachlich auszuprobieren. Und natürlich viel Erfolg und allerlei Ideen beim Abwandeln! Wenn Sie mögen, teilen Sie Ihre sprachlichen Perlen gerne hier im Kommentar mit.
      Viele Grüße
      Dr. Gabriele Frings

  • Matthias sagt:

    Danke für den erfrischenden Artikel! Ich lese Ihren Blog immer wieder gerne, weil er immer wieder Aha-Erlebnisse beschert und das Schreiben bereichert.

  • Harald Wende sagt:

    Frau Dr. Frings, es ist immer wieder toll, eine kalte Dusche von Ihnen zu bekommen um im Anschluss wie neu geboren z.B. in die nächsten Gesprächsrunden, in meinem Fall z.B. mit den Mandanten, Banken oder Finanzämtern zu gehen, ohne dabei selbst heiß zu laufen.

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Hallo Herr Wende,
      das freut mich ja, wenn die Blogartikel als Muntermacher funktionieren. So soll es sein.
      Ich wünsche Ihnen weiterhin waches Kommunizieren. 🙂
      Viele Grüße
      Dr. Gabriele Frings

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