Bindung UND Trennung – für beides steht dieser kleine Strich!

strich

Tja, ich nenne ihn ausdrücklich klein, unseren  Bindestrich, da er kürzer ist als der Gedankenstrich (- und – !). Als letzterer wird der Bindestrich leider oft missbraucht – dabei hat er ganz andere Funktionen. Zugegeben, es ist bequem, den Bindestrich als Allround-Zeichen zu benutzen, da er im Unterschied zum Gedankenstrich nur einen Tastenklick erfordert. (Räusper!) ... aber, liebe TexterInnen, auch die Form sollte  dem lesenswerten Inhalt Ihres Textes entsprechen! 

Ich zeige Ihnen nun, welche enorm wichtigen Funktionen der kleine Strich hat und wie er ganz erheblich zur Freude und Entspannung Ihrer LeserInnen beiträgt. 

1. Der Bindestrich – er trennt, gliedert und verbindet Wörter mit Leserschreck-Effekt

Zusammengesetzte Hauptwörter (sog. Komposita) sind nun mal eine Spezialität des Deutschen: Funkstreifenwagenbesatzung. Die romanischen Sprachen müssen mit Präpo­sitionen arbeiten, was im Deutschen der umständlichen Formulierung die Besatzung des Wagens der Funkstreife entspricht. Da macht es uns das Deutsche leichter. Jedoch, dem Leser  verderben überstreckte Wort-Ungetüme eine angenehme Lektüre, sie unterbrechen immer den Lesefluss. Hier leistet der Bindestrich großartige Abhilfe:

  1. Mit dem Bindestrich gliedern Sie unübersichtliche Wortverbindungen:
    Grafikdesign-Ausbildung (statt: Grafikdesignausbildung)
    Verlierer-Image (statt: Verliererimage)
    Online-Angebote (statt: Onlineangebote)
    Wert-Ermittlungsverfahren (statt: Wertermittlungsverfahren; zum Fugen-s kommen wir noch unter Punkt 3)
    Besonders nützlich ist der Bindestrich für eine glatte Lektüre, wenn die Überbindung ein eigenes Wort ergibt. Lesen Sie folgende Wörter erst einmal ohne Bindestrich:
    Projektorganisation, Internettelefonate, Ladeinfrastruktur, Managementebenen
    Na, bei so manchem Wort mussten Sie zweimal ansetzen, stimmt's? Ihrem Leser tun Sie also viel Gutes, wenn Sie schreiben: 
    Projekt-Organisation, Internet-Telefonate, Lade-Infrastruktur, Management-Ebenen (auch wenn die „Ente" nicht mehr sichtbar ist – gequakt wird dort sicherlich auch) 😉 
  2. Auch bei drei aufeinanderfolgenden gleichen Buchstaben sollten Sie einen Bindestrich setzen:
    Programm-Macher (statt: Programmmacher)
    Kaffee-Ernte (statt: Kaffeeernte)
    Technologie-Unternehmen (statt: Technologieunternehmen)
    Hierarchie-Ebenen (statt: Hierarchieebenen)
  3.  Bei Wortzusammenfügungen mit Bindewörtern wie und oder oder steht zwischen allen Wörtern ein Bindestrich:
    Kosten-und-Nutzen-Rechnung
    Und nicht, wie oft zu lesen: Kosten- und Nutzenrechnung! Denn dann fungiert der Bindestrich als Ergänzungsstrich, ist also Platzhalter für das Wort Rechnung; die Formulierung hieße dann ausgeschrieben: Kostenrechnung und Nutzenrechnung, was eine Aufzählung ist und folglich zwei verschiedene Rechnungen bedeutet. Über die Platzhalterfunktion des Bindestrichs erfahren Sie mehr unter Punkt 5.
  4. Auch bei Wortkombinationen mit englischen Fremdwörtern sollten Sie den Bindestrich großzügig einsetzen, um die Zusammengehörigkeit eines Begriffs zu verdeutlichen: 
    Change-Management-Beratung (statt: Change Management Beratung) 
    Work-Life-Balance (statt: Work-Life Balance)
    Public-Relations-Abteilung (statt: Public Relations-Abteilung)
     
    Sonst könnten die Wörter als Aufzählung missverstanden werden.

Verfallen Sie nun aber nicht in einen Bindestrichrausch! Der Bindestrich ist dort sinnvoll, wo er Klarheit schafft und den Lesefluss unterstützt. Also nicht beim Lese-Fluss. 😉 Anders ist es bei der sog. Leichten Sprache, die von der Standardsprache u. a. dadurch abweicht, dass alle Zusammensetzungen, auch kurze, mit Bindestrichen versehen werden. Sie ist allerdings für Leser vorgesehen, die nur über eine geringe Kompetenz in der deutschen Sprache verfügen.

2. Der Bindestrich – er trennt, um Missverständnissen vorzubeugen 

Ob der Immobilienmakler weiß, dass er hier eine Missbildung geschaffen hat? 

Dieses Haus hat Altbaucharme. (Was ist beim Haus der Bauch?!)

So sieht's gesünder aus:

      Dieses Haus hat Altbau-Charme.

Wörter, bei denen durch die Zusammensetzung am Anfang oder in der Mitte ein neues Wort entsteht, führen, wie oben schon gesehen, zu Stolperern bei der Lektüre. Hier ist der Bindestrich eine hilfreiche Brücke, damit der Leser nicht in die Irre geht. Weitere Beispiele:
Fleischersatz --> Fleisch-Ersatz
Urinstinkt --> Ur-Instinkt
Druckerzeugnis --> Druck-Erzeugnis (wenn das Erzeugnis allerdings zufriedenstellend ist, bekommt der Mitarbeiter sicherlich auch ein gutes Drucker-Zeugnis) 🙂

3. Der Bindestrich – er fügt zusammen, was zusammengehört

Neulich erst bekam ich zwei Anfragen von Abonnenten, wie es sich bei zusammengesetzten Formulierungen mit Hauptwörtern und Verben verhält. Nein, das ist nicht zum Aus-der-Haut-Fahren, sondern zum In-die-deutsche-Sprache-EintauchenDie Bindestriche halten hier zusammen, was sprachlich eine Einheit ist. Zur Schreibweise: Der Anfang wird groß geschrieben, ebenso das Verb, da es substantiviert ist (das Fahren): Aus-der-Haut-Fahren.
Die Beispiele meiner Abonnenten lauteten: Das In-die-Hocke-Gehen fällt älteren Menschen schwer. Und: Das Wir-sind-Weltmeister-Gefühl blieb aus – wen wundert's?

4. Der Bindestrich – Achtung, beim Fugen-s moppelt er doppelt!

Hat die Wortkombination bereits ein Fugen-s, dann setzen Sie keinen Bindestrich. Denn das Fugen-s hat bereits eine bindende und strukturierende Funktion. Ein zusätzlicher Bindestrich ist da zu viel des Gliedernden. Einige Beispiele, die mir vor kurzem untergekommen sind:
Vertrauens-Sache --> Vertrauenssache
Versicherungs-Beiträge --> Versicherungsbeiträge
Produktions-Fahrplan --> Produktionsfahrplan
Neulich las ich auch vom IT-Sicherheits-Experten. Hier ist's knifflig. Denn wenn ich vom IT-Sicherheitsexperten schreibe, ist das IT abgekoppelt und gehört nicht mehr zu Sicherheit, obwohl es ja um die IT-Sicherheit geht. In solch einem Fall hilft nur, das zusammengesetzte Wort auseinanderzunehmen: der Experte für IT-Sicherheit.

5. Der Bindestrich – er ergänzt als Platzhalter  

Vielleicht haben Sie es schon bemerkt: Ein Bindestrich ist niemals von Leerzeichen umgeben (mehr zu den Satzzeichen finden Sie hier)! Ausnahme: Wenn der Bindestrich als Ergänzungszeichen erscheint, also Platzhalter für ein Wort ist, das man sonst wiederholen müsste. Dann kommt nach dem Bindestrich ein Leerzeichen: Sach- und Werbetexte (statt: Sachtexte und Werbetexte),  Bier- und Weinkonsum. Wenn Sie meinen, das ist ja logisch, dann haben Sie Recht. Denn der Bindestrich steht ja für ein Wort und nach diesem folgt im Satz immer ein Leerzeichen.

So, einen habe ich noch. Bei Wörtern, die Abkürzungen enthalten, steht ebenfalls ein Bindestrich, es heißt: H-Milch, U-Bahn, und jaaa: E-Mail (und nicht: Email, email, eMail oder ... grrr!).

Da wir ihn nun schon erwähnt haben, den Gedankenstrich, bekommt er auch seinen eigenen Artikel. 🙂
Zu den Themen Kommasetzung und Anführungszeichen gibt es bereits eigene Beiträge.

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Über die Autorin Dr. Gabriele Frings

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