Ganz sicher haben Sie folgende Gesprächssituation so ähnlich auch schon erlebt. A: "Gehst du heute nicht zum Mittagessen?" – B: "Ja." - A: "Wie jetzt? Doch?" – B: "Nein." – A: "Hä? Also gehst du nun zum Essen?" – B: "Nein." – A: "Aha. Warum sagst du das nicht gleich?"
Ja, warum wohl? Weil Kollege A eine überflüssige Verneinung in seine Frage eingebaut hat, statt direkt positiv zu formulieren: "Gehst du heute zum Mittagessen?".
Auch beim Schreiben rutscht uns häufiger als es uns auffällt eine überflüssige Verneinung in den Text – ein tückischer Stolperstein für den Leser, erst recht die doppelte Verneinung, ein echter Menhir, der mitunter das ganze Satzverständnis blockiert. Dennoch schieben wir als Schreiber auch solch einen Hinkelstein gerne mal in einen Satz hinein.
Verneinungen sind generell immer die schwerer verständliche Formulierung. Wie die Leseforschung bereits in den 70er Jahren festgestellt hat, verstehen Menschen im Allgemeinen positive Sätze schneller und besser.
Wir wollen uns anhand von Beispielen gleich näher anschauen, was Sie als Schreiber bei der Verneinung beachten sollten, wie sie eine positive Stimmung beim Leser erzeugen und wie Sie Ihren Leser vor fatalen Verständnisfallen bewahren.
1. Stimmen Sie den Leser positiv!
Nicht, kein, die Vorsilbe "un-" gehören natürlich zum Instrumentarium jedes Texters. Sie sollten sich nur klar darüber sein: Wenn Sie statt der möglichen positiven eine negative Formulierung benutzen, stellt sich beim Leser entsprechend ein negatives Bild ein – besonders fatal bei Werbetexten aller Art. Schauen Sie mal:
Unser neues Druckermodell verursacht keinen Papierstau.
Hier denken wir ganz automatisch zuerst an den Papierstau. Denn um das kein zu verstehen, muss unser Gehirn erst einmal das Bild des Papierstaus konstruieren, und dann erst schalten wir um auf das kein, also auf das angenehme Gegenteil. Wörter wie nein, nicht oder kein kann das Gehirn nicht abbilden. Deshalb muss unser Verstand also erst einmal an das Bild gedacht haben, bevor er es ausblenden kann. Leichter und angenehmer ist deshalb dieser Satz zu lesen:
Unser neues Druckermodell lässt jedes Blatt schnell und sauber durch den Druckprozess gleiten.
Anderes Beispiel:
Dennoch war sie nicht überfordert.
Stop! Woran denken Sie zuerst? Aha, an die Überforderung. Erst im zweiten Schritt geht Ihnen auf, dass sie alles gut hinbekommen hat. Lassen Sie als Schreiber Ihren Leser jedoch keine unnötigen Denkwege zurücklegen und schreiben Sie gleich so:
Dennoch hat sie alles gut gemeistert.
Sie sehen: Meistens gibt es eine Formulierung, mit der sich das Gleiche in positiver Form sagen lässt. Achten Sie vor allem bei Webtexten auf positive Formulierungen, damit der Webleser angenehme Gefühle beim Lesen hat und seinen Wegklick-Finger vergisst. Schreiben Sie nicht: Damit hat der Kunde ein unkompliziertes Werkzeug an der Hand, sondern: Damit hat der Kunde ein einfaches Werkzeug an der Hand.
2. Doppelte Verneinung = hinkelsteinhohes Lesehindernis
Strikt vermeiden sollten Sie doppelte Verneinungen, zum Beispiel zweimal nicht oder eine Kombination aus nicht und kein oder der Vorsilbe "un-". Sie sind fast immer tückische Stolpersteine für den Leser, so wie in diesem Satz, den ich neulich in der Tageszeitung fand:
Die Verkäufer sehen keinen Grund, ihnen dabei nicht entgegenzukommen.
Der Otto-Normal-Leser muss diesen Satz mindestens zweimal lesen. Besser also positiv formulieren:
Die Verkäufer wollen Ihnen dabei entgegenkommen.
Außerdem: Doppelte Negationen sind oft schwammig, lassen den Leser im Unklaren:
Dieser Aspekt ist nicht unwesentlich für die Entscheidungsfindung.
Heißt das nun: Der Aspekt ist wesentlich für die Entscheidungsfindung? Oder ist der Aspekt doch nur mittelwichtig? Wenn letzteres zutrifft, dann sollte der Schreiber das auch klar und positiv formulieren, etwa so:
Auch dieser Aspekt hat Einfluss auf die Entscheidungsfindung.
Und der Leser ist glücklich über den glatten, hindernisfreien Leseweg.
FAZIT
Schreiben Sie nach Möglichkeit immer: So ist es. Und nicht: So ist es nicht.
Formulieren Sie positiv statt mit einer Verneinung.
So ersparen Sie Ihrem Leser unnötige Hindernisse und versetzen ihn in positive Stimmung. Dann hat er garantiert Lust, mehr von Ihnen zu lesen. 🙂
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Bin heute auf Ihren Artikel gestoßen, sehr nützlich und hilfreich. Alles sehr gut erklärt. Bishre las ich zu dem Thema den Hinweis „Denken Sie nicht an einen rosa Elefanten“ – aber warum man dann erst recht an einen einen rosa Elefanten denkt, war mir nicht so klar. Deshalb nochmals Danke für den Beitrag!
Hallo Herr Bader,
vielen Dank! Ich freue mich immer, wenn meine Artikel hilfreich sind, dann erreichen sie ihr Ziel. 🙂 Ja, unser Gehirn arbeitet merkwürdig, und seine Arbeitsweise sollte uns als Schreiber, die auf einen Empfänger zielen, möglichst immer präsent sein. Damit unsere Mitteilungen den Adressaten geradewegs und schnell erreichen.
Viele Grüße
Dr. Gabriele Frings
Vielen Dank für den tollen Artikel! Sie sprechen mir aus der Seele. Als Leserin stolpere ich selbst immer wieder über solche Verneinungen.
Hallo Wibke,
vielen Dank! Ja, genau deshalb müssen wir Schreiber gerade im Ich-überfliege-schnell-den-Text-Zeitalter glasklar formulieren. Ein Stolperer zu viel – und der Leser ist weg. Was sicherlich schade wäre.
Viele Grüße
Dr. Gabriele Frings