Hängen Sie keinen „Lebenslauf“ an das Subjekt!

person

Ach, es ist so schön einfach: Ich hänge der Person, die ich in meinem Text erwähne, schnell noch einige „wichtige" Informationen über ihr Leben und Tun an, damit mein Leser auch wirklich, absolut und hundertprozentig im Bilde ist ... Ach Gottchen, jetzt ist er blau angelaufen! Das habe ich nicht gewollt! Ist ein Textdoktor in der Nähe?! Verschaffe ihm doch einer mal Luft! Wie, ich?!

Ja, genau, SIE können das nämlich am besten: Ihrem Leser Luft zukommen lassen. Wie? Das zeige ich Ihnen hier. 

1.  „... ist ... ?“

Sein Interesse an neuer Technologie ist immer noch groß. Vor allem von Kunststoffen ist der Designer, der in den achtziger Jahren auf diesem Gebiet den italienischen Automobilhersteller Alfa Romeo beriet und für höheren Absatz sorgte, bis heute fasziniert.

Ob der Leser dieses Textes das auch ist, fasziniert? Wohl kaum. Eher ringt er während des Lesens nach Luft, weil er so lange auf die eigentliche Botschaft des Satzes warten muss. Nämlich, dass der Designer bis heute fasziniert ist.

Hier hat der Schreiber typischerweise schnell noch Informationen über die Tätigkeiten des Designers in den Satz gequetscht. Und zack! ist die Hauptinformation des Satzes im Dunst einer XXL-Nebelkanone verschwunden. Wie wir hier sonnige Klarheit für den Leser schaffen können? Indem wir die Informationen in eigenen Sätzen präsentieren, natürlich in einer logischen Reihenfolge: 

Sein Interesse an neuer Technologie ist immer noch groß. Vor allem von Kunststoffen ist der Designer bis heute fasziniert. Auf diesem Gebiet beriet er in den achtziger Jahren  den italienischen Automobilhersteller Alfa Romeo und sorgte für höheren Absatz. 

Und der Leser ist affascinato!

2. „... gab ...?“

Pro Satz ein Gedanke. Diese goldene Regel missachten wir schnell, wenn wir ein personales Subjekt haben. So wie hier:

Am Ende der Konferenz gab Professor Schmitt, der 1990 über genau dieses Thema promovierte und sich nun um die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses  kümmert ... Dem Kollegen die Hand? Viel Geld für einen Eisbecher aus? Nee: ... eine Schlusserklärung ab.

Ach, sieh mal an. Eine Schlusserklärung also. Und schon wieder einen Lesezahn ausgebissen.

Und so ist's für den Leser wie Eisschlecken:

Am Ende der Konferenz gab Prof. Schmitt eine Schlusserklärung ab. Der Experte für xy promovierte 1990 genau über dieses Thema; nun kümmert er sich um die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses. 

Was haben wir getan? Einfach die goldene Regel „Pro Satz eine Information“ beachtet: Zuerst die Hauptinformation in einem eigenen Satz untergebracht, dann Einzelheiten über das Leben oder die Tätigkeit der Person in einem neuen Satz mitgeteilt. Und schon gleitet der Leser durch den Satz.

3. „Er ... ??“

Das Bauhaus feierte ja 2019 seinen 100. Geburtstag. Und da wurden allerorten seine Künstler in Ausstellungen gerühmt. Von einem handelt dieser Text:

Lyonel Feininger, der als 1871 Geborener ein später Romantiker und deshalb ein untypisches Mitglied dieser oft auf rein konstruktive Kunst reduzierten Bauhaus-Vereinigung war, hat weder einen Sessel noch eine Lampe noch gar ein Gebäude entworfen.

Wow, fast schon ein halber Lebenslauf zwischen Subjekt „Lyonel Feininger" und Verb „hat" untergebracht. Doch „Wow" denkt der Leser sicherlich nicht. Denn hier hat er schwere Kost vor sich. Dabei möchte er häppchenweise und leicht verdaulich die Informationen serviert bekommen. Dann legen wir mal los und entzerren den Satz-in-Satz-Brocken: 

Lyonel Feininger, 1871 geboren, war ein später Romantiker und deshalb ein untypisches Mitglied der Bauhaus-Vereinigung, die oft auf rein konstruktive Kunst reduziert war. Entsprechend hat er weder einen Sessel noch eine Lampe noch gar ein Gebäude entworfen.

So schmeckt's dem Leser garantiert.

Es ist nicht schwer, ihm leichte Kost zu servieren, oder?
Sie müssen nur dies beachten: Wenn Sie über eine Person schreiben, lassen Sie sich nicht verführen, einen „Lebenslauf“ anzuhängen. Schreiben Sie die Informationen nacheinander in separaten Sätzen. Denken Sie immer an das begrenzte Lungenvolumen Ihres Lesers! 😉

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Über die Autorin Dr. Gabriele Frings

Als Schreibcoachin, Trainerin, Textberaterin, Dozentin helfe ich Ihnen, einen 100%ig ansprechenden Schreibstil zu entwickeln und in Beruf und Business erfolgreich zu sein.

  • Die Matreshka sind eine super Erinnerungshilfe.
    Für mich als Blogger Beginnerin ein hilfreicher Artikel,
    Passt Perfekt.
    Danke dafür.

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Hallo Frau Teemer,
      das freut mich. Oh, einen Blog zu beginnen ist eine wunderbare und hochspannende Angelegenheit, das kann ich aus eigener Erfahrung sagen. Dann wünsche ich Ihnen viel Erfolg mit Ihrem Blog!
      Herzliche Grüße
      Dr. Gabriele Frings

  • COCQ sagt:

    Macht Spass! So gestaltet Frau Frings den Unterricht.

  • Petra Müller sagt:

    Wieder einmal alles super auf den Punkt gebracht! Und Dinge genannt, die einem beim Schreiben sonst überhaupt nicht aufgefallen wären. Besten Dank, Frau Dr. Frings!

  • Jörn sagt:

    Ich bin völlig Ihrer Meinung, wenn es darum geht, verständliche Texte für den Alltagsgebrauch zu schreiben. Verschachelte Sätze bieten jedoch eine gewisse Ästhetik, wie das folgende Zitat aus Georg Hensels „Spielplan“ zeigt. Er schreibt über den spanischen Dichter Calderon:

    „Breda, die Festung des Oraniers, fällt 1625, und Calderon schreibt über diesen spanischen Sieg, der, da die Festung als uneinnehmbar galt, eine europäische Sensation gewesen ist, sein Stück ‚Die Belagerung von Breda‘, und nach diesem Stück, nicht nach Berichten – so behauptet der Theaterhistoriker Joseph Gregor -, habe Velazquez sein weltberühmtes Bild ‚Die Übergabe von Breda‘ gemalt.“

    Diesen Satz muss man mindestens dreimal lesen, um ihn zu verstehen.

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Ja, da haben Sie völlig recht, das haben solche Sätze. Ein schönes Beispiel dafür sind die Prosa-Texte von Heinrich von Kleist, der ein Meister der Hypotaxe war.
      Solche ineinandergeschachtelten Sätze sind allerdings für den Gebrauchstext nicht ratsam, wie Sie selber feststellen. Der Leser will heutzutage schnell und einfach an seine Informationen kommen. Gerade bei Webtexten sind lange Sätze fatal, denn wenn dem Nutzer nicht sofort alle wichtigen Infos ins Hirn springen, bewegt sich sein Klickfinger ruckzuck nach unten.
      Ihr Satzbeispiel aus Hensels Sachbuch „Spielplan“ würde ich dann so entzerren, gemäß der goldenen Regel „Pro Satz ein Gedanke“:
      „Breda, die Festung des Oraniers, fällt 1625. Dieser spanische Sieg war eine europäische Sensation, da die Festung als uneinnehmbar galt. Calderon schrieb darüber sein Stück ‚Die Belagerung von Breda‘ und nach diesem Stück, nicht nach Berichten habe, so der Theaterhistoriker Joseph Gregor, Velazquez sein weltberühmtes Bild ‚Die Übergabe von Breda‘ gemalt.“
      Viele Grüße
      Dr. Gabriele Frings

  • Michael sagt:

    Vielen Dank für Ihre nützlichen Tipps! Sie bleiben nicht an der Oberfläche, sondern gehen in die Tiefe, selten zu finden. Ich werde aus Ihrem erfrischenden Beitrag wieder einiges mitnehmen.

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Vielen Dank für Ihren wertschätzenden Kommentar. Ich freue mich immer, wenn meine Beiträge zum guten Schreibstil hilfreich sind. Ja, Tipps, die in der Oberfläche bleiben, helfen dem Schreiber selten, seine Schreibgewohnheiten langfristig zu ändern. Mir ist wichtig, zu zeigen, warum ein Satz leserfreundlich ist und der andere eben nicht. Ich tue auch weiterhin mein Bestes. 🙂
      Viele Grüße
      Dr. Gabriele Frings

  • undiversell sagt:

    Hallo Frau Dr. Frings, es ist immer wieder ein Fest ihre Beiträge zu lesen. Die Idee, an das Lungenvolumen des Lesers zu denken, werde ich mir merken. Ein perfektes Bild für Schachtelsätzebauer wie mich. Liebe Grüße Undine

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Hallo Undine,
      da freue ich mich! Auch, dass das Bild vom hechelnden Leser eine Hilfe beim Verfassen von Sätzen ist. 🙂
      Viel Erfolg weiterhin beim Texten!
      Dr. Gabriele Frings

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