Der Relativsatz, den wir in jedem Text gebrauchen, ist oft heikel. Denn er landet so manches Mal wie ein Felsbrocken im Satz und zack! ist der Leser erdrückt. Wie Sie aus dem scharfkantigen Felsbrocken einen schönen Kieselstein im Leseflussbett machen und so den Leser erfreuen, habe ich in Teil 1 erklärt.
Jetzt zeige ich Ihnen noch eine dritte Falle, die beim Eintippen eines Relativsatzes schnell zuschnappen kann.
3. Der Relativsatz – seine Position
A. Am besten steht er direkt hinter dem Bezugswort
Sonst entstehen Irritationen für den Leser, gerade bei einem Satz mit mehreren Hauptwörtern. Der Leser weiß dann nicht, wozu die Info des Relativsatzes gehört. Ein Beispiel:
Bis zum Urteil werde die Speicherpflicht nicht durchgesetzt, erklärte die Niederlassung der Bundesnetzagentur in Mainz, die für die technische Umsetzung von Überwachungsmaßnahmen zuständig ist.
Kling, klang, unsere unbeliebte Rätselrunde für den Leser ist angesagt. Wer ist nun für die Umsetzung zuständig, die Mainzer Niederlassung oder die Bundesnetzagentur generell? Der lesende Laie bleibt ratlos zurück. Das Relativpronomen „die” kann sich nämlich sowohl auf die Niederlassung als auch auf die Bundesnetzagentur beziehen, da beide Hauptwörter weiblichen Geschlechts sind.
Diese Innovationen werden häufig als Teamwork in Netzwerken entwickelt und umgesetzt, die zukünftig auch durch den Bund stärker unterstützt werden sollen.
Was wird künftig unterstützt? Die Innovationen? Die Netzwerke? Der Leser schüttelt sich die drei Fragezeichen von der Stirn und klick! weg ist er.
Kleiner Trick: Manchmal können Sie das Verb auch vorziehen, damit das Bezugswort und sein Relativsatz direkt zusammenstehen. So wie hier:
Sie sollen Talente anlocken in einer Zeit, in der Fachkräfte oft gut bezahlte Stellen kündigen.
Statt: Sie sollen Talente in einer Zeit anlocken, in der Fachkräfte oft gut bezahlte Stellen kündigen.
B. Aus einem Satz zwei Sätze bauen
Großer Trick: Aus dem Relativsatz einen zweiten Satz/Hauptsatz bauen. Dieses Entzerren des Satzes ist immer noch die beste Methode, es dem Leser möglichst leicht zu machen, alle Informationen aufzunehmen. Meine Abonnenten wissen, dass sich diese Grundregel wie ein rotgoldener Faden durch meine Beiträge zieht. 🙂 Einen speziellen Beitrag finden Sie hier.
Schauen wir uns ein Beispiel an:
Dort kann man für 500 Euro auch ein möbliertes Zimmer inklusive Nebenkosten und Internet mieten, in dem sich auch ein Bad und eine Kochzeile befinden.
Gibt es wirklich Internet mit Bad und Kochzeile?! Nee, aber möblierte Zimmer mit dieser Ausstattung. Dann schreiben wir das auch so hin, und zwar so, wie wir auch mit einem Gegenüber sprechen würden:
Dort kann man für 500 Euro auch ein möbliertes Zimmer mit Bad und Kochzeile mieten. Nebenkosten und Internet sind inklusive.
So kann auch der Leser die übersichtlichen Informationen schnell erfassen. Merke: Auch der Leser ist immer ein Gegenüber, mit dem wir per Text reden.
Noch ein Beispiel dazu:
Bewährt hat sich auch die Möglichkeit, Gutscheine des Verbundes bei den örtlichen Filialen zu kaufen, die dann bei den teilnehmenden Mitgliedern des Verbundes eingelöst werden können.
Uff! Wir entzerren, indem wir aus dem Relativsatz einen eigenen Hauptsatz bauen. So ist der Leser schnell im Bilde:
Bewährt hat sich auch die Möglichkeit, Gutscheine des Verbundes bei den örtlichen Filialen zu kaufen. Diese Gutscheine können dann bei den teilnehmenden Mitgliedern des Verbundes eingelöst werden.
Und scheuen Sie sich nicht, das wichtige Bezugswort, hier „Gutscheine”, noch einmal zu wiederholen. Denn so erreichen Sie pure Verständlichkeit – und Glücksgefühle beim Leser und Nutzer.
Auch kurze Relativsätze profitieren davon, wenn sie als eigenständiger Satz atmen dürfen:
Wirksame Lehrerfortbildungen, die das Lehren und Lernen erkennbar verändern, brauchen außerdem Zeit.
--> Wirksame Lehrerfortbildungen brauchen außerdem Zeit. Nur so verändern sie erkennbar das Lehren und Lehren.
Den Relativsatz benutzen wir auch häufig beim Sprechen und schon deshalb sollten wir ihn in einem Text verwenden, keine Frage. Wenn Sie jetzt noch an die kleinen Klippen denken, die er bereithält, und entsprechend gegensteuern, dann navigieren Sie nicht nur sich, sondern auch den Leser sicher durch Ihren Text. 🙂
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Prima, vielen Dank. Ich wünsche mir auch von meinen Studenten, dass sie das berücksichtigen. Leider lernen sie das in Schule und Studium nicht. Stattdessen müssen sie sprachliche Scheußlichkeiten wie „Gendern“ trainieren und produzieren dann Texte, die kaum lesbar sind.
Hallo Herr Berger,
gern geschehen. Ja, die gute Lesbarkeit eines Textes hängt vor allem vom Satzbau ab. Auch lange Komposita, der sog. Nominalstil (z. B. viele „ung”-Nomen mit dem Charme eines Briefes vom Finanzamt) und, wie Sie richtig schreiben, die sog. Gendersprache sind Hemmnisse im Lesefluss. Alles, was das schnelle Verstehen der Botschaft für den Leser erschwert, sollte man beim Schreiben meiden. Ist eigentlich ganz einfach. 🙂
Viele Grüße
Dr. Gabriele Frings