Der Satzanfang – 3 magische Tricks für gute Texte

klar ausdrücken

„Das Publikum nahm die Plätze ein. Herr Müller, der Leiter der Abteilung, machte den Anfang. Der Verkaufsleiter Herr Schulz folgte als nächster ...". Und als nächstes folgte – ein Gähnen des Lesers. Solch ein Text langweilt schon nach kürzester Zeit. Haben Sie's bemerkt? Der Satzanfang ist immer gleich: Jeder Satz beginnt mit dem Subjekt und hält die immer gleiche Reihenfolge Subjekt – Verb – Objekt ein. Schon eine kleine Abwandlung dieses Satzbaumodells hält den Leser davon ab, auf die Rutschbahn in den Schnarchmodus zu geraten:Das Publikum nahm die Plätze ein. Den Anfang machte Herr Müller, der Leiter der Abteilung. Als nächster folgte Herr Schulz, der Verkaufsleiter."

Doch Achtung! Der Satzanfang kann auch so manchen Stolperstein bereithalten! Zumindest für den Leser, und auf den kommt es schließlich an. Welche Fallen da auf Sie als Schreiber lauern, wie Sie diese umgehen und wie Sie Ihren Satzanfang attraktiv gestalten – das alles erfahren Sie im folgenden Beitrag.

1. Dynamisch: Variation am Satzanfang

 Der Klimawandel schreitet voran. Die Politik muss deshalb entschlossener handeln. Die Modelle der Klimaökonomik liefern mittlerweile gute Argumente für Eingriffe der Regierungen.

Auch dieses Beispiel zeigt: Nichts langweilt uns beim Lesen schneller als die Abfolge von Sätzen, die mit  Der – Die – Das – Die – Sie – Er ... , also mit dem Subjekt, beginnen. Die einfachste Art, den Satzanfang zu variieren: mit einer Umstandsangabe (der Zeit, des Ortes, der Modalität etc.) oder mit einem Adverb (deshalb, folglich, mittlerweile ...) einsteigen. Beim Beispieltext oben sieht das etwa so aus:

Der Klimawandel schreitet voran. Deshalb muss die Politik entschlossener handeln. Mittlerweile liefern die Modelle der Klimaökonomik gute Argumente für Eingriffe der Regierungen.

Übrigens: Mit solch einem Satzeinstieg wird die Position von Subjekt und Verb vertauscht (sog. Inversion), es ergibt sich dann die Abfolge Verb – Subjekt („Deshalb muss die Politik ...", und nicht mehr: „Die Politik muss ..."). Uns Muttersprachlern fällt das gar nicht auf, aber diese Spezialität des Deutschen macht Deutschlernern viel Mühe, da die Abfolge mit Subjekt – Verb im Englischen und in den romanischen Sprachen gleich bleibt, egal, was am Satzanfang steht. Deutschlerner sagen dann oft: „Deshalb die Politik muss ...“. 

Als Schreiber sollten wir von dieser Besonderheit des Deutschen regen Gebrauch machen. Die Variation des Satzanfangs bringt Dynamik in den Satz und dient außerdem der besonderen Betonung eines Umstands oder eines Objekts. Doch Vorsicht! Gerade beim Objekt am Satzanfang lauert ein fieser Stolperstein, wie Sie im nächsten Abschnitt sehen werden.

2. Gefährlich: Objekt am Satzanfang 

Erst gestern las ich in der Tageszeitung: „Das Land verklagte der Mann" – hä, dachte ich im ersten Moment, da stimmt doch was nicht, nämlich ... und dann las ich im folgenden Nebensatz: „weil er sich dort zu Unrecht festgehalten sah“. Aha, erst im Nebensatz wird deutlich, dass „das Land“ das Objekt (Akkusativ) ist und der Mann das Subjekt (Nominativ), der Mann also das Land verklagt. Solch ein Hemmschuh entsteht vor allem dann, wenn Subjekt und Objekt beide in der Einzahl oder in der Mehrzahl stehen, sodass sich das Verb auf beide Hauptwörter beziehen kann. Dazu noch ein Beispiel:

Schlangen haben Menschen bestimmt nie übersehen, und das hat nicht nur mit ihrem Gift zu tun.

Auch hier ist der Lesefluss gestört, der Leser wird unweigerlich einen Moment stutzen: Wer hat jetzt wen nie übersehen? So dagegen bewegt sich der Leser behende wie eine Schlange durch den Satz:  

Menschen haben Schlangen bestimmt nie übersehen, und das hat nicht nur mit deren Gift zu tun. (Wer es noch klarer haben will, setzt das Subjekt in die Einzahl: Der Mensch hat Schlangen bestimmt nie übersehen ...)

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Auch im folgenden Satz verzieht der Leser zunächst das Gesicht, als hätte er auf ein Stück Zitrone gebissen, wenn er liest:

Schneider und Mayer hat trotz aller Bedenken zweifellos das Bitcoin-Fieber ergriffen.

Denn das Objekt am Satzanfang stiftet wieder Verwirrung. Bei „hat“ denken wir spontan: Hey, das ist ein Grammatikfehler, es muss „haben" heißen. Dann erst merken wir:  „Schneider und Mayer“ ist gar nicht das Subjekt! Klarer wird der Satz, wenn wir das Subjekt „Bitcoin-Fieber“ nach vorne holen:

Zweifellos hat das Bitcoin-Fieber Schneider und Mayer trotz aller Bedenken ergriffen.

Oder spannender mit einem Gedankenstrich gestaltet: Zweifellos hat das Bitcoin-Fieber Schneider und Mayer ergriffen – trotz aller Bedenken.

So bleibt das Gesicht des Lesers schön glatt. 

3. Heikel: trotz, wegen, durch, bei ... am Satzanfang

Vorsicht ist auch geboten, wenn wir Sätze mit Wörtern wie trotz, wegen, bei, zu, durch beginnen. Denn solche Präpositionen am Satzanfang ziehen immer eine sperrige Hauptwörter-Konstruktion (sog. Nominalstil) nach sich. Wenn diese Konstruktion kurz ist, können wir Sie zur Satz-Party willkommen heißen. Aber auch nur dann! So wie in diesem Beispiel:

Trotz des Einsatzes von Robotik wird die Qualität der Arbeit verbessert.

Im folgenden Text jedoch muss der Satz-Party-Stildienst ganz schnell als Rausschmeißer tätig werden, denn die hässliche Aneinanderreihung von Hauptwörtern à la Behördendeutsch schreckt den Leser gewaltig ab:

Bei einer möglichen Herauslösung der Projekte aus der Zweckgesellschaft und einer Überführung in die operativen Unternehmensbereiche drohen Haftungs­risiken.

Wenn der Autor hier nicht nur den wehenden rückwärtigen Schopf des Lesers sehen will, sollte er einen Nebensatz benutzen. Und der sollte nach dem Hauptsatz (... drohen Haftungsrisiken) stehen, zum Beispiel so:

Es drohen Haftungsrisiken, wenn man die Projekte aus der Zweckgesellschaft herauslöst und in die operativen Unternehmensbereiche überführt.

Liest sich flüssig? Na bitte.

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Über die Autorin Dr. Gabriele Frings

Als Schreibcoachin, Trainerin, Textberaterin, Dozentin helfe ich Ihnen, einen 100%ig ansprechenden Schreibstil zu entwickeln und in Beruf und Business erfolgreich zu sein.

  • Manuela sagt:

    Ihre Artikel sind immer sehr hilfreich. Vielen Dank dafür! Auf meine Satzanfänge werde ich in Zukunft in jedem Fall mehr achten. 🙂

  • Harald Wende sagt:

    Beginnend im Angestelltenverhältnis schreibe ich nun seit über 40 Jahren eigenverantwortlich. Trotzdem lerne ich fast mit jedem neuen Newsletter von Frau Dr. Frings dazu, wunderbar.

    Vielen Dank Ihnen, Frau Dr. Frings, Harald Wende.

    P.S. Hoffentlich ist dieser Kommentar fehlerfrei:-)…

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