Wann doppel s bei dass?
Kürzlich klagte mir eine Abonnentin, die in der Übersetzungsbranche tätig ist, ihr Leid: Sie müsse, mehr als einem versierten Leser guttut, eine Verwechslung von dass und das lesen, dabei sei das Auseinanderhalten doch einfach. Hm, offenbar nicht, denn auch ich stelle immer wieder fest, dass die Frage „wann doppel s?" ein Dauerthema ist – fast so groß wie das Saarland, nur ein bisschen größer. Dann schauen wir mal, wie wir das Thema schrumpfen können, mindestens auf Saarland-Größe.
1. Dass
Dass ist ein Bindewort (Konjunktion), das einen Hauptsatz und einen Nebensatz verbindet. Diese Konjunktion verwenden wir vor allem nach Verben des Mitteilens, Zeigens, Wahrnehmens. Das dass leitet dann einen Objektsatz ein:
Ich hörte, dass es bald eine neue Leiterin gibt.
Dass man die Anzeige-Probleme lösen kann, zeigt das neue Tool.
Nicht selten benutzen wir den dass-Satz auch als Beifügung (Attribut) zu einem Substantiv:
Es bleibt eine Tatsache, dass wir billiger produzieren müssen.
Hier ein Satz, in dem der Texter den dass-Satz in beiden Funktionen verwendet hat:
Nach dem Eingeständnis des Bahn-Aufsichtsrates, dass Stuttgart 21 teurer wird, ist daran zu erinnern, dass das Projekt Mitte der 90er mit knapp 5 Milliarden veranschlagt war.
Übrigens: Die vor dem dass stehenden Pronomen wie daran, davon, damit, darum, dadurch u. a. sind immer ein Signal, dass es mit Doppel-s-dass weitergeht. Hier noch ein Beispiel mit zwei Musterexemplaren:
Unabhängig davon, dass Mantras eine starke religiöse Bedeutung haben, geht es bei der Mantrapraxis darum, dass Wörter wiederholend rezitiert werden.
Und nicht vergessen: Selbstverständlich steht vor JEDEM dass ein Komma!
2. das
Seine Funktion als Artikel können wir hier getrost weglassen. Da muss ein Texter schon bei zwei Promille liegen, um dass Auto zu schreiben.
Aber in der Funktion als Pronomen (Fürwort, steht als Ersatz für ein Nomen, auch Substantiv genannt) wird es schon kniffliger. Häufig begegnet mir ein das, wo der Schreiber ein dass hätte setzen müssen, und zwar, wenn der Satz eine Beifügung zu einem Substantiv ist. Hier liegt die größte Verwechslungsgefahr für das und dass mit doppel s.
Schon unter Punkt 1 haben wir ja festgestellt, dass wir den dass-Satz ab und zu als Beifügung zu einem Substantiv benutzen. Achtung, jetzt ist Ihre ganze Konzentration gefragt: Auch mit das formen Sie einen Beifügungssatz: den Relativsatz. Zwei Dinge dazu:
1. Sie benutzen ihn nur bei Substantiven neutralen Geschlechts (Das Haus, das hell erleuchtet ist ...).
2. Der Relativsatz hat kein vollständiges Subjekt (Frage: wer/was?), als solches dient das Pronomen am Satzanfang:
Das Geld, das ihm zur Verfügung steht, reicht für den Rest seines Lebens.
Einen dass-Satz verwenden Sie dagegen für ALLE Substantive (der, die, das) als Beifügung. Und im Unterschied zum Relativsatz hat der dass-Satz ein vollständiges Subjekt. Drei Beispiele (das Subjekt habe ich wieder markiert):
Er demonstrierte eindrücklich den Effekt, dass man mit der neuen Software viel Zeit beim Versenden spart.
Angesichts der Tatsache, dass wir nun Gewinne machen, können wir mehr Geld in die Werbung investieren.
Das Eingeständnis des Aufsichtsrats, dass das Projekt teurer wird, war längst fällig.
So, jetzt können Sie wieder normal atmen. 😉
Zum Schluss noch ein authentisches (!) Beispiel aus der Tageszeitung. Was meinen Sie hier zur Verwendung von das/dass?
Momentan haben wir vielmehr das Problem, das die Asienforschung immer mehr abgebaut wird – und dass, obwohl Asien immer interessanter wird für Deutschland.
Sicherlich haben Sie es erkannt – richtig, es muss erstens heißen: ... das Problem, dass die Asienforschung immer mehr abgebaut wird, denn das vollständige Subjekt "die Asienforschung" gibt uns den Hinweis auf einen dass-Satz. Und zweitens: ... und das, obwohl ..., hier haben wir klar ein Pronomen, denn es folgt ja kein Satz, wie es bei dass der Fall sein müsste. Kleiner Tipp: Wenn Sie das durch dieses ersetzen können, wie im vorliegenden Fall (... und dieses, obwohl ...) haben Sie es immer mit einem Pronomen zu tun.
So, ich hoffe, dass SIE jetzt die richtige das/dass-Peilung haben! 🙂
Mein Tipp: Prüfen Sie beim Korrekturlesen Ihre Verwendung von das/dass, indem Sie für beide Wörtchen einen Suchdurchgang mit Hilfe der SUCHEN-Funktion Ihres Textverarbeitungsprogramms starten.
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Ist jetzt nach der Rechtschreibreform „daß“ komplett durch „dass“ ersetzt worden?
In der Schweiz gab es ja wohl früher kein „ß“, aber in Deutschland und
Österreich?
So ist es. Seit der Rechtschreibreform folgt nach allen kurzen Vokalen doppelt ss, z. B. dass, Masse, Bissen, Flosse, Fluss, müssen. Das ß folgt nur noch nach langen Vokalen, z. B. Maß, Floß, Fuß. In der Schweiz gibt es auch heute kein ß als Zeichensatz. Bei Korrespondenz mit dem Ausland sollten Sie sowieso grundsätzlich doppelt ss benutzen.
Viele Grüße
Dr. Gabriele Frings
Herrlich geschriebener Artikel. Übrigens finde ich es ziemlich einfach, zu erkennen, ob es sich um ein „das“ handelt. Wie auch hier beschrieben, wenn man „das“ durch welches, dieses oder obwohl ersetzen kann, dann wird es immer mit einem „s“ geschrieben. Und ja, es tut weh beim lesen. So war es auch im Newsletter, der diesen Artikel ankündigte. Dazu darf ich noch ein schmerzhaftes Thema einwerfen, nämlich: „seid/seit“. 🙂
Ja, das Paar „seid/seit“ ist auch ein aktiver Vulkan in der Hügellandschaft der sprachlichen Verwechslungen.
Viele Grüße
Dr. Gabriele Frings
Mir wird immer ganz übel, wenn das/dass falsch verwendet wird. Deshalb: Vielen Dank, dass Sie sich in Ihrem Beitrag um das Problem kümmern.
In Bayern geht das übrigens viel, viel einfacher:
Kann man in einem Satz dass oder das durch das bayerische „des“ ersetzen, so wird es mit nur einem S geschrieben. Fertig. Das ist schon das ganze Geheimnis dahinter 😉 Dialekt kann so schön sein 🙂
Viele Grüße
Paula
Ich bin überzeugt, dass des einfach zu merken ist. 🙂
Viele Grüße
Dr. Gabriele Frings