Adjektive – wie sie Ihren Text versauen oder vergolden

Adjektive

Jüngst bekam ich eine Mail von einem Abonnenten mit der Frage, wann er Adjektive benutzen soll und wann nicht. Denn er habe schon öfter gelesen, dass Adjektive häufig überflüssig seien. Und ich gäbe ja den Tipp, ein Adjektiv möglichst nur zu verwenden, wenn es etwas Überraschendes bringt. Stimmt! 🙂

Ja, Adjektive sind tatsächlich heikel (zu Mode-Adjektiven gibt es einen eigenen Artikel). Durch die Zutat dieser kleinen Wörter können Sie Ihren Leser begeistern und emotional binden – oder ihn tödlich langweilen.

Die Frage des Abonnenten hat es deshalb in sich und ich habe mich auch gleich auf sie gestürzt. So zeige ich Ihnen heute:

1. wann und wo Adjektive gut und nützlich sind und wann und wo sie Ihren ganzen Text verderben,

2. wie Sie die Superlativ-Falle umgehen,

3. wie Sie gelungene Adjektive erschaffen.

Probieren Sie es direkt bei Ihrem nächsten Text aus!

1. Die guten ins Sätzchen, die schlechten ins ... (können Sie sich aussuchen 😉 )

Achtung, anschnallen, es geht grammatisch los – aber nur kurz, versprochen. Das Adjektiv, ist das „Hinzugefügte“ (von lateinisch adjectivum). Es kann einem Verb beigefügt werden oder einem Substantiv. Hier beschäftigen wir uns nur mit Adjektiven bei einem Substantiv, sie heißen dann auch Attribute oder Beifügung: Der lebendige Text. Die Frage nach diesem Satzteil lautet immer: „Was für ein/e...“?. Das ist die Grundfrage zu jedem von Ihnen benutzten Attribut. Wenn die Beantwortung dieser Frage für die Satzaussage wichtig ist, dann dürfen Sie guten Gewissens ein Adjektiv verwenden. Dazu mehr im Folgenden.

Die guten Adjektive – Als Attribute sind Adjektive eine tolle Möglichkeit, dem Leser notwendige Informationen zu einem Substantiv in kurzer, knackiger Form zu liefern. So wie in diesem Beispiel:

Das verdankte sie ihrem diplomatischen Geschick. (Was für ein Geschick?)

Und sie dienen vor allem der Unterscheidung:

Die europäischen Aktien haben im Unterschied zu den asiatischen zugelegt.

Die nervenden Adjektive – Sie sind hohle Floskeln, wie in diesem Satz:

Als Web-Designer bieten wir Ihnen professionelle, individuelle Lösungen.

Ratlos bleibt der Leser zurück und der potentielle Kunde klickt genervt weg. Warum? Weil hier eben keine Informationen geliefert werden (wer, um Himmels willen, möchte unprofessionelle Lösungen?). Informativ geht anders. Und zwar mit einer einfachen Frage: WAS genau will ich denn mit individuell sagen? Als abstraktes Wort ist Lösungen von vorneherein für Informationen, die den Kunden interessieren, kaum geeignet, deshalb müssen wir mit anschaulichen Details arbeiten. Heraus kommt zum Beispiel diese Alternative:

Als Web-Designer klären wir in einem ausführlichen Gespräch, welche Wünsche und Ansprüche Sie an Ihre Webseite haben und machen uns dann an die Arbeit.

Die weißer Schimmel-Adjektive – Ich nenne sie gerne so, weil das Beispiel fast jeder noch aus der Schule kennt. Sie sind ein eindeutiger Fall für den Papierkorb. Denn ihre Information ist bereits im Substantiv enthalten, so dass wir einen Pleonasmus (Doppelung) erhalten:

Der Verkehr kam zum völligen Stillstand.

Das konnte er mit absoluter Gewissheit sagen.

Beide Adjektive sind … nee, nicht absolut, nur: überflüssig. 😉 Denn Stillstand ist Stillstand, dem ist nichts Beschreibendes hinzuzufügen, ebenso wie der Gewissheit.

Adjektive als Trittbrettfahrer – Entbehrlich sind auch Adjektive in eingerosteten Wortkombinationen wie diesen hier:

Auf dem Gebiet gibt es noch erheblichen Bedarf an Fachkräften.

Das Ergebnis war eine große Enttäuschung für uns.

Ich weiß, die Gefahr ist groß, dass uns Textern diese verklumpten Substantiv-Adjektiv-Paare immer mal wieder in die Tastatur rutschen, zumal sie durch alle Medien geistern.

Wirksame Gegenmaßnahme, die generell wirkt: Fragen Sie sich bei jedem eingetippten Adjektiv, ob auch das Gegenteil existiert. Wenn ja: stehenlassen. Ändert sich der Sinn des Satzes, wenn ich es streiche? Wenn nein: weglassen.

2. Die Superlativiritis

Schon gut, der Klassiker aus der Grundschulzeit ist als einzigstes Adjektiv gebongt. Dieser absurde Superlativ fällt uns allen sofort auf. Aber auch viele andere Adjektive lassen sich nicht zum Superlativ steigern. Doch Vorsicht, wer übernimmt nicht mal schnell solche Beispiele in seinem Text?

Das Wort „Mehrwert“ ist zu einer Worthülse geworden, die mit unterschiedlichsten Inhalten gefüllt wird.

Hockney beschäftigte sich von Anfang an mit den grundlegendsten Fragen der Malerei.

Aber Achtung, es gibt auch aufmerksame Leser und die erkennen sofort, dass es Quatsch ist, von Wörtern wie unterschiedlich oder grundlegend ein Maximum zu bilden. Entweder unterschiedlich oder nicht, grundlegend oder nicht.

Vorsicht vor dem Superlativ-Virus vor allem in Marketing-Texten! Hier ist das Bedürfnis verständlicherweise besonders groß, Einzigartigkeit herauszustellen. Aber das sollten Sie mit detailliertem, informativem Inhalt tun, nicht mit schlechtem Schreibstil wie in diesen Beispielen:

Wir teilen Ihnen die aktuellsten News mit (von einer Marketing-Agentur)

Mit uns bekommen Sie den perfektesten Service. (so eine Computer-Firma)

Hier fühlt sich der Kunde bestimmt als Königst!



3. Die Champagnerlaune-Adjektive

Kommen wir nochmal zur Frage des Abonnenten. Wann Adjektive nützlich sind, wissen Sie jetzt. Und wann Sie welche nicht benutzen sollen, auch. Doch in welchem Fall sind sie glänzend, verleihen dem Text Strahlkraft?

Ein Beispiel aus dem SPIEGEL:

Ob legal oder illegal. Parteien und Politiker erhalten immer interessengetränktes Geld.

Parteien und Politiker erhalten immer Geld – ist hinsichtlich der Aussage, die der Autor treffen will, Unfug. Die Ausgangsfrage lautet: Was für ein Geld? Geld, hinter dem die Interessen des Spenders stehen, das Geld ist also mit Interessen verbunden. Wir könnten also schreiben: interessengebundenes Geld. Aber das klingt für die Aussage zu harmlos, ist zu nah an zweckgebunden. Das Geld ist ja durch und durch von Interessen bestimmt, und da passt das Adjektiv getränkt wunderbar. So kommen wir zum interessengetränkten Geld.

Anderes Beispiel:

Wer in sein schönes, implantatgestärktes Lächeln nicht den Gegenwert eines Mittelklassewagens investieren will, kann in Kliniken in Nachbarländer gehen.

Vorweg: Im ironisch gefärbten Text geht es um das perfekte Gebiss in gehobenen Berufsmilieus. Das Lächeln ist schön, was für ein Lächeln ist schön? Das mit weißen Zähnen, aber mit gekauften. Dazu gehören Implantate, die dauerhaft in den Kiefer geschraubt werden. Ebenso wird das Lächeln mit diesen Implantaten dauerhaft gestärkt, voilà, schon sind wir bei implantatgestärkt. Ein großartige Wortschöpfung!

Trauen Sie sich! Denn nichts ist für Ihren Text schlimmer als abgegriffene (Marketing-)Adjektive mit Schnarchwirkung. Dazu arbeiten wir noch einmal Schritt für Schritt an einem Beispiel:

Wir bieten unseren Kunden zielgerichtetes Marketing.

Gääähn... Fragen Sie sich: Was genau will ich mit der nichtssagenden Floskel "zielgerichtet" mitteilen? Sie möchten etwas Dynamisches, Lebhaftes ausdrücken? Nur zu! Stellen Sie sich einen lebhaften Menschen vor, vielleicht ein Kind, temperamentvoll, stets in Bewegung, jetzt suchen wir eine passende Eigenschaftsbezeichnung. Wie wäre es mit quirlig? Zu einem Quirl gehört Schaum – und schon haben wir auch ein perfekt passendes Verb für einen Nebensatz (= ebenfalls ein Attribut zu Marketing): überschäumen.

Wir bieten unseren Kunden quirliges Marketing, das die Neugier der Nutzer überschäumen lässt.

Hier wird jeder Leser und potentielle Kunde garantiert aufmerken!

Fazit:

Sie wollen mit Adjektiven den Leser informieren und den Kunden begeistern? Dann achten Sie darauf, dass Ihre Adjektive:

  • wirklich notwendig sind und echten Informationsgehalt haben
  • zusammen mit einem Substantiv kein Phrasen-Wortpaar darstellen
  • einen Superlativ bilden, der sinnvoll und korrekt ist
  • 3-G-Adjektive sind: glänzend, großartig, genial! 🙂

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Benutzen Sie beim Texten Champagnerlaune-Adjektive – und der Leser vergisst seinen frisch gebrühten Kaffee!

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Über die Autorin Dr. Gabriele Frings

Als Schreibcoachin, Trainerin, Textberaterin, Dozentin helfe ich Ihnen, einen 100%ig ansprechenden Schreibstil zu entwickeln und in Beruf und Business erfolgreich zu sein.

  • Florian sagt:

    Super Artikel mal wieder! Das bringt meinem Schreibstiel einen weiteren Schliff 🙂
    LG, Flo von Lebensplanet

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Hallo Florian,
      wie schön, das freut mich. Dann auf zu einem funkelnden Schreibstil!
      Viele Grüße
      Dr. Gabriele Frings

  • Einfach genial! Ich werde Ihre herausragende Schreibkompetenz zur Wirkungsverstärkung nützen! In Kürze kommt mein Pilotauftrag!

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Hallo Herr Horvath,
      vielen Dank für Ihr Lob! Ich bin schon gespannt und freue mich darauf.
      Viele Grüße
      Dr. Gabriele Frings

  • Cerstin sagt:

    Sehr treffend und mit guten Beispielen – vielen Dank dafür! Ich gehe gleich nochmal an meine Texte.

  • Robin sagt:

    Überraschend nützlich und provokativ genug, um mir beim Lesen ein schlechtes Gewissen zu machen… die professionellen, individuellen Lösungen verschwinden bei der nächsten Revision von meiner Seite. Gestört hat mich deren Hohlheit immer schon, doch ich dachte, das müsse so sein.

    Danke ☺️

  • Christin sagt:

    Vielen Dank für diesen sehr interessanten Artikel, er hat mich dazu gebracht, meine Texte aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

  • Vanessa sagt:

    Toller Artikel, ich habe mich bei einigen Beispielen ertappt und werde meine Texte nun hinsichtlich dieser überprüfen 🙂

  • Lothar sagt:

    Hallo Gabriele,
    schön das Du den Artikel in der Facebook Gruppe nochmal geteilt hast.
    Sehr lesenswert.

    Viele Grüße und ein erfolgreiches neues Jahr
    Lothar von https://internetblogger.de

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Hallo Lothar,
      vielen Dank! Auch dir ein gutes, Erfolg und Zufriedenheit bringendes Jahr.
      Viele Grüße
      Dr. Gabriele Frings

  • Danke für diesen Artikel. Auf jeden Fall hilfreich.?

  • Vielen Dank für Ihre wertvollen Tipps, ich versuche sie konsequent umzusetzen.

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Hallo Herr Lechler,
      gerne! 🙂 Dann wünsche ich Ihnen viel Erfolg, Spannung und Spaß dabei!
      Viele Grüße
      Dr. Gabriele Frings

  • Danke für die sehr differenzierte Betrachtung der Benutzung von Adjektiven. Ihre Beispiele sind einleuchtend, Ihre Tipps werde ich gerne anwenden.

  • Ullrich Franz sagt:

    Das leuchtet aus.

  • mewn sagt:

    ….endlich mal wieder jemand, der mit unserer Sprache gut und erfrischend umgehen kann

  • Philipp Besch sagt:

    Sensationellst!
    Ich hörte mich und andere sprechen. ?
    Vielen Dank!

  • Bianca Pera sagt:

    Liebe Frau Frings,
    besten Dank für die Weitergabe Ihrer wertvollen Erfahrung!
    Herzlichst
    Bianca Pera

  • Ich schreibe selbst und bin dankbar für solch qualitativ hochwertige Beiträge.
    In Zeiten galoppierenden Sprachverfalls eine Wohltat.

  • Palmsroem sagt:

    Wieder einmal ein größtartiger Text.

  • Sehr erfrischend, gut und interessant! Die genannten Beispiele haben mich speziell abgeholt, weil ich ebenfalls eine Webdesign Agentur in Düsseldorf besitze. Habe mich direkt für Ihren Newsletter angemeldet. Viele Grüße, Branimir Witt

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Hallo Herr Witt,
      dann willkommen in meiner Abonnentengemeinde! Fragen oder Anregungen für Blogartikel-Themen immer gerne.
      Viele Grüße
      Gabriele Frings

  • Getd sagt:

    Erfrischend.

  • Dieter-Michael Last sagt:

    Gut zu lesender Beitrag, flott geschrieben, aber es scheint mir, dass auch Sie Ihre Texte gelegentlich ob des sinnvollen Einsatzes von Adjektiven überprüfen müssen. Wenn dem so wäre, würde mich das sehr beruhigen. Denn obwohl ich jeden Aspekt Ihres Beitrages unterschreiben kann, gibt es den einen oder anderen, bei dem ich mir ertappt vorkomme.

    Es ist zwar nicht Silvester, aber ich habe einen »guten Vorsatz« gefasst: Ich werde den Trittbrettfahrer-Adjektive in meinen Texten den Garaus machen.

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Vielen Dank für Ihr Feedback! Und viel Erfolg bei der Umsetzung Ihres guten Vorsatzes!
      Viele Grüße
      Gabriele Frings

  • Kämmler-Burrak Andrea sagt:

    Danke für Ihren Beitrag! Ab sofort werde Ich der ‚richtigen‘ Nutzung von Adjektiven mehr Aufmerksamkeit schenken!

  • Carla sagt:

    In Ihren Text hat sich ein kleiner Fehler geschlichen 😉

    >>Die Ausgangsfrage lautet wie immer: was für ein Geld? Geld, hinter dem die Interessen des Spenders stehen, das Geld >> st << also mit Interessen verbunden. Wir könnten also schreiben: interessengebundenes Geld.<<

  • Toll geschrieben: vielen Dank! Man sollte viel öfter jeden geschriebenen Satz noch einmal lesen, bevor man ihn veröffentlicht…

  • Alle Beispiele sind sehr einleuchtend.
    Allein mit diesen Vorschlägen sollte ich meine Texte überarbeiten. .

  • Daniel sagt:

    Danke für Ihren erfrischenden Beitrag.

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