Kampf dem Bandwurm – 3 Basis-Tricks für leserfreundlichen Satzbau

schiff zu satzbau

An den Tag kann ich mich noch gut erinnern – als ich an der Uni mein erstes Referat hielt. Tagelang hatte ich an der Sprache gefeilt, bis die Finger schmerzten. Und dann das: Der Dozent riet mir, schleunigst die überlangen Sätze zu kürzen, der Text sei so fast unlesbar. Peng! Da hatte ich's .
Nach der ersten schmerzenden Enttäuschung war ich dankbar für die klare Kritik. Und ich begann, peu à peu auf meinen Satzbau zu achten und keine dieser netten Parasiten namens Bandwürmer mehr in meinen Sätzen zu dulden. Und später erntete ich für meine verständlichen Texte sogar Dozentenlob. 🙂

Diesen Hang haben wir Schreiber wohl alle: Wir meinen, komplizierte Inhalte mit kompliziertem Satzbau ausdrücken zu müssen. Doch das Gegenteil ist der Fall: Je anspruchsvoller der Inhalt, desto einfacher sollten die Sätze gebaut sein. Sonst schaltet der Leser schneller ab als Sie "Bandwurmsatz" sagen können.
Worauf Sie achten müssen, damit Ihnen keine Bandwürmer im Satz entstehen? Ganz einfach: Lassen Sie die drei Wortpaare zusammen, die zusammengehören. Welche das sind und wie das geht? Das zeige ich Ihnen in diesem Beitrag.

Die drei „Liebespaare" im deutschen Satzbau

In der deutschen Sprache gibt es drei Paare, die immer möglichst eng zusammenstehen wollen:

1. Artikel und Substantiv: der … Text

2. die zwei Teile eines Verbs, auch Verbklammer genannt: kam … an; hat … gekauft; musste … arbeiten

3. Subjekt und Verb: Der Mitarbeiter … erschien nicht.

Die deutsche Grammatik erlaubt uns zwar, zwischen die beiden Einzelteile beliebig viele Wörter zu packen – das aber sollten Sie unbedingt vermeiden: höchste Bandwurmsatzgefahr!!!
Schauen wir uns zuerst das Paar Artikel und Substantiv an.

1. Ihr Satzbau: Artikel und Substantiv – nicht zu viele Wörter dazwischenquetschen!

Gerne stopfen wir zwischen das Substantiv und seinen Artikel zu viele Informationen, so dass beide nicht einmal mehr Blickkontakt haben. 🙁  Diese vor dem Substantiv stehenden Wörter heißen Beifügungen oder Attribute und erschweren oft den Lesefluss. Hier ein Beispiel:

Eine federnde Verbindung verteilt die beim Schlagen des Schnabels auf den Baumstamm entstehenden Erschütterungen und schützt so das Hirn des Spechts.

Aber das Hirn des Lesers wird hier leider nicht geschützt. Der Satz stolpert und mit ihm der Leser.

Das Wort entstehenden ist ein – Achtung, Zungenbrecher! – Partizipial-Attribut (PA) und das ist meistens holprig, erst recht, wenn es erweitert ist wie unserem Beispiel.

Mein Tipp: Zuerst nennen Sie die Sache oder die Person, dann erst die Eigenschaft. Im genannten Beispiel ist es das Substantiv Erschütterungen:

Eine federnde Verbindung verteilt die Erschütterungen, die beim Schlagen des Schnabels auf den Baumstamm entstehen, und schützt so das Hirn des Spechts.

So bleiben der Artikel die und das Substantiv Erschütterungen zusammen. Aus dem PA entstehenden haben wir einen Nebensatz (Relativsatz) gemacht, der nach dem Substantiv steht. Und schon ist der Inhalt gehirnfreundlich verpackt.

2. Ihr Satzbau: die 2 Verbteile – Romane dazwischen sind Horror für den Leser!

Auch die beiden Teile des Verbs werden vom Schreiber häufig auseinandergerissen. In diese Verbklammer werden dann möglichst viele Informationen hineingezwängt.

Gestern hat sie sich wegen des sonnigen Wetters und ihrer vielen Überstunden, die in den letzten Monaten zusammengekommen waren, einen ganzen Tag frei genommen.

Wir wissen bis kurz vor Schluss nicht, worum es geht: Hat sie sich schlafen gelegt? Hat sie sich ein Eis gegönnt? Nö, sie hat sich freigenommen.

Wie können wir nun den Beispielsatz so umwandeln, dass der Leser den zweiten Verbteil nicht mit dem Fernglas suchen muss? Ganz einfach: Aus der Hauptwort-Konstruktion mit wegen machen wir einen Nebensatz mit weil:

Gestern hat sie sich den ganzen Tag frei genommen, weil das Wetter sonnig war und in den letzten Monaten viele Überstunden zusammengekommen waren.

Ein weiteres Beispiel mit dem Modalverb müssen:

Die unteren Räume muss der Hausmeister bei Beendigung der Veranstaltung, spätestens aber, wenn der Trainer das Gebäude verlassen hat, schließen.

Auch dieser Satz ist grammatisch korrekt, aber die Verbklammer mit 15 Wörtern ist purer Stress für den Leser. Wir machen aus dem sperrigen „-ung“-Nomen Beendigung das Verb beenden und mit ihm wieder einen Nebensatz. Und schon flutscht es:

Die unteren Räume muss der Hausmeister schließen, wenn die Veranstaltung beendet ist oder der Trainer das Gebäude verlassen hat.

3. Ihr Satzbau: Subjekt und Verb – Nebensätze dazwischen spannen den Leser auf die Folter!

Wer (= Subjekt) tut was? Das ist die Kernfrage jedes Satzes. Und diese Frage sollte frühzeitig beantwortet werden, damit der Leser nicht unnötig auf die Folter gespannt wird.

In Texten aller Art wird dieses elementare Gesetz jedoch immer wieder missachtet. So wie hier, wo der Schreiber einen überlangen Nebensatz (Relativsatz) mit 16 Wörtern (!) zwischen Subjekt und Verb quetscht:

Die Teilnehmer der fünftägigen Radtour, die allesamt Halbprofis oder Profis waren und deren Startgeld zu großen Teilen in die Stiftung floss, fuhren insgesamt 350 Kilometer.

Der eingeschobene Satz schlägt wie ein Meteorit zwischen Subjekt und Verb ein. Insbesondere Relativsätze, die immer einem Substantiv folgen, überfrachten wir gerne mit Informationen und lassen sie so einen Krater in den Satz reißen. Aus dem Hauptsatz mit seinem Relativsatz bauen wir jetzt zwei Hauptsätze:

Die Halbprofis und Profis fuhren bei der fünftägigen Radtour insgesamt 350 Kilometer. Ihr Startgeld floss zu großen Teilen in die Stiftung.

Jepp! So geht leserfreundlich.

Fazit

Sie wollen mit Ihrem Text den Leser anziehen und den Kunden binden? Dann halten Sie diese drei Wortpaare zusammen:

  •        Artikel und Substantiv
  •        die zwei Verbteile
  •        Subjekt und Verb

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Über die Autorin Dr. Gabriele Frings

Als Schreibcoachin, Trainerin, Textberaterin, Dozentin helfe ich Ihnen, einen 100%ig ansprechenden Schreibstil zu entwickeln und in Beruf und Business erfolgreich zu sein.

  • Elke Meixner sagt:

    Mark Twain hätte sich sehr über Ihre Vorschläge gefreut! In seinem Kapitel/Buch: „Die schreckliche Deutsche Sprache“ beklagt er sich, dass man bis zum Satzende warten muss, um zu erfahren, was getan wird. Übrigens ist es auch lesenswert und sehr lustig geschrieben!

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Da haben Sie recht, dieses Bändchen ist wirklich lesenswert und sehr aktuell. Es zeigt uns unterhaltsam die Eigenheiten der deutschen Sprache auf, über die wir uns als Muttersprachler meistens gar nicht bewusst sind – was schade ist. Denn je mehr wir uns die Besonderheiten klar machen, desto flexibler können wir die Schriftsprache handhaben – für eine klare, überzeugende Kommunikation.
      Viele Grüße und allerhand Erfolg bei Ihrer Kommunikation wünscht Ihnen
      Dr. Gabriele Frings

  • Die aus der Uni sagt:

    Vielen Dank für diese Tipps! Auch mir passiert es immer wieder, dass ich Bandwurmsätze schreibe. Meine Texte werden dadurch holprig und nicht gut lesbar. Durch diese Tipps kann ich mich aber verbessern! 😀

  • Vielen Dank! Das war ein sehr nett aufbereiteter Artikel mit guten Beispielen.

  • Axel Zorn sagt:

    Sensationell! Der Blog ist toll geschrieben. Ich finde mich wieder. Teilweise. Teilweise ist immer, wenn ich für Kunden ein Mail schreibe und merke, dass ich kurze Sätze mache muss. Da muss ich mich schon konzentrieren.

    • Dr. Gabriele Frings sagt:

      Danke! Ja, da haben Sie Recht, gerade in Mails sollte man auf kurze Sätze achten, denn hier will der Leser besonders schnell und ohne die Mühe, Sätze zweimal lesen zu müssen, seine Informationen bekommen.
      Viele Grüße
      Dr. Gabriele Frings

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